Rz. 29
Die Entnahme muss zu betriebsfremden Zwecken erfolgen, der Gegenstand der Entnahme muss den betrieblichen Bereich verlassen, sodass der betriebliche Zusammenhang gelöst wird.
Die Rechtsprechung des BFH hatte den Begriff der betriebsfremden Zwecke nach dem Zweck des Entnahmetatbestandes ausgelegt, der darin zu sehen war, die Erfassung der stillen Reserven und die daraus folgende Inlandsbesteuerung zu gewährleisten. Der nach dem Beschluss des Großen Senats v. 7.10.1974 entwickelte sog. finale Entnahmebegriff erfasste als Entnahme jeden Vorgang, durch den die inländische Besteuerung der stillen Reserven verhindert wird, z. B. durch Überführung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte. „Betriebsfremder Zweck ist danach jede Maßnahme, durch die die spätere Erfassung der stillen Reserven verhindert wird". Diese Rechtsprechung und damit den finalen Entnahmebegriff hat der BFH aber aufgegeben; eine weitere Darstellung erfolgt daher hier nicht.
Rz. 30
Durch das SEStEG v. 7.12.2006 ist in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG das Tatbestandsmerkmal der Steuerentstrickung zur Sicherung inländischer stiller Reserven eingefügt worden. Die Regelung verfolgt den Zweck, das deutsche Besteuerungsrecht in Bezug auf die stillen Reserven zu sichern. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG steht einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich. Nach § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG, § 16 Abs. 3a EStG wird als "klarstellender Regelfall" einer Entstrickung i. S. d. Abs. 1 Satz 3 die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Inland in eine ausländische Betriebsstätte erfasst, wenn der Gewinn der ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines DBA von der inländischen Besteuerung freigestellt ist oder die ausländische Steuer im Inland angerechnet wird. Darüber hinaus wird das deutsche Besteuerungsrecht auch dann eingeschränkt, wenn es nach § 34c EStG zu einer Anrechnung der ausländischen Steuer kommt, wenn kein DBA besteht. Insoweit geht die Neuregelung über die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung zum finalen Entnahmebegriff hinaus.
Neben dem Gewinn aus der dauerhaften Überführung des Wirtschaftsguts in die ausländische Betriebsstätte wird auch die nur vorübergehende Überlassung des Wirtschaftsguts zur Nutzung erfasst.
Die Entnahme ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 2. Halbsatz EStG nicht mit dem Teilwert, sondern dem gemeinen Wert anzusetzen. Für den Gewinn kann nach § 4g EStG auf Antrag ein Ausgleichsposten gebildet werden, der im Jahr der Bildung und den 4 folgenden Jahren zu jeweils 1/5 gewinnerhöhend aufzulösen ist. Voraussetzung ist, dass das als entnommen geltende Wirtschaftsgut einer Betriebsstätte desselben Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zuzuordnen ist. Hiermit sollen europarechtliche Bedenken ausgeräumt werden.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1, 2 EStG wird die Sitzverlegung einer SE oder SCE nicht von § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG erfasst. Dies war durch Art. 10d Abs. 1 der Fusionsrichtlinie geboten, da die Richtlinie eine Besteuerung der Gesellschafter bei Sitzverlegung der SE oder SCE verbietet. In diesen Fällen findet eine Besteuerung erst bei der tatsächlichen Veräußerung statt.
In den Fällen des § 16 Abs. 3a EStG, eine fiktive Betriebsaufgabe in Form der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen in das Ausland, wird der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts einer Betriebsaufgabe gleichgestellt. § 36 Abs. 5 EStG sieht in diesen Fällen eine 5-jährige Verteilung des Aufgabe- bzw. Übergangsgewinns vor.