Der Begriff der "elektronisch erbrachten Dienstleistung" im umsatzsteuerlichen Sinne ist folgendermaßen definiert: Es handelt sich um "Dienstleistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre."[1] Entscheidend für die Einordnung ist damit die im Wesentlichen vollautomatische Erbringung der Leistung durch den Unternehmer. In Fällen des Audio- oder Videostreamings z. B. ruft der Konsument Daten von einem Server des Anbieters ab, wobei der Umfang davon abhängt, ob eine Nutzung online oder offline erfolgen soll. Bei der Bereitstellung von Software in einem "App Store" ruft der Verbraucher ebenfalls lediglich eine Datei zum direkten Download auf sein Endgerät ab. In beiden Fällen der Bereitstellung digitaler Inhalte spielen menschliche Eingriffe jeweils keine ernstzunehmende Rolle.

Beispielhaft sind in Art. 7 Abs. 2 MwStSystRL-DVO folgende Leistungen als elektronische Dienstleistungen aufgeführt:

  • Überlassung digitaler Produkte im Allgemeinen (z. B. Software und Updates/Upgrades)
  • Dienste, die im Internet eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken vermitteln (z. B. Websites);
  • automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet auf Grundlage spezifischer Dateninputs des Dienstleistungsempfängers;
  • Einräumung des Rechts, gegen Entgelt eine Leistung auf einer Website (Marktplatz) zum Kauf anzubieten, wobei die potenziellen Käufer ihr Gebot im Wege eines automatisierten Verfahrens abgeben und die Beteiligten durch eine automatische, computergenerierte E-Mail über das Zustandekommen eines Verkaufs unterrichtet werden;
  • Internet-Service-Pakete, in denen die Telekommunikations-Komponente ein ergänzender oder untergeordneter Bestandteil ist.

Abzugrenzen sind die Fälle der "elektronisch erbrachten Dienstleistung" insbesondere von den Fällen, in denen das Internet lediglich als Kommunikationsmittel dient, um die (menschliche) Leistung zu erbringen oder den Vertrag mit den Verbrauchern zustande kommen zu lassen.

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzung

Ein Rechtsanwalt berät seinen Mandanten per E-Mail und im Rahmen einer Videokonferenz.

Es liegt keine elektronisch erbrachte Dienstleistung vor.[2] Der wesentliche Inhalt der Leistung des Rechtsanwalts (Rechtsberatung) wird von diesem selbst erbracht. Das Internet dient in diesem Verhältnis lediglich als Kommunikationsmittel.

Das Gleiche gilt für den elektronischen Versand (z. B. als pdf) eines Rechtsgutachtens.

Abwandlung (E-Service): Der Rechtsanwalt entwickelt eine Software, die einfache Rechtsfragen des Mandanten vollautomatisch beantworten kann. Der Anwalt selbst wirkt nicht mehr mit.

In dieser Konstellation liegt eine elektronisch erbrachte Dienstleistung vor. Die Erbringung der Leistung selbst ist als Bereitstellung einer Datenbank mit beantworteten Rechtsfragen zu sehen, aus der der Mandant die jeweils passende Antwort selbständig auswählen kann.[3]

Der Kauf von Software über einen Online-Shop führt für sich genommen jedoch noch nicht zu einer elektronischen Dienstleistung. Bestellt der Kunde online Software, die ihm auf einem Datenträger zugesandt wird, handelt es sich nicht um elektronisch erbrachte Dienstleistungen. Das Internet dient im Verhältnis der Vertragspartner nur der Kontaktaufnahme zu dem Händler und dem Abschluss der zivilrechtlichen Verträge. Da der Fokus der Leistung auf der Verschaffung der Verfügungsmacht an der Disc liegt, liegt eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG vor.[4]

 
Hinweis

Lieferung von Software nur Ausnahmefall

Der frühere Regelfall der Lieferung von Software ist zum Ausnahmefall geworden. Lieferungen liegen insoweit nur vor, wenn der Kunde die Software (z. B. ein neues Videospiel) auf einem Datenträger (z. B. Blu-ray oder DVD) bei einem Online-Händler bestellt oder im Ladengeschäft erwirbt.

Anders ist es, wenn die (Videospiel-)Software unmittelbar aus dem Internet (z. B. aus einem Games Store) heruntergeladen wird. In diesem Fall stellt sich die Leistung als eine Bereitstellung von Software für den Verbraucher dar, die vollständig ohne Mitwirkung eines Menschen erbracht wird. Es liegt eine elektronisch erbrachte Dienstleistung vor.[5]

Sowohl die Verschaffung des Zugangs zum Internet selbst ("Provider-Dienste") als auch die Übertragung von Audio- oder Video-Signalen über das Internet, wie die Schaltung von Videokonferenzen (Microsoft Teams, Zoom, Webex etc.) unterfallen nicht dem Begriff der elektronisch erbrachten Dienstleistungen. Es handelt sich jedoch um Telekommunikationsdienstleistungen, die denselben Regelungen unterfallen.[6]

[1] Art. 7 Abs. 1 MwStSystRL-DVO, siehe auch Abschn. 3a.12 Abs. 1 UStAE.
[2] Art. 7 Abs. 3 Buchst. i MwStSystRL-DVO; Abschn. 3a.12 Abs. 6 Nr. 6 UStAE.
[4] Art. 7 Abs. 3 Buchst. h MwStSystRL-DVO; Abschn. 3.5 Abs. 1 Nr. 1 und Abschn. 3a.12 Abs. 5 Nr. 2 UStAE.
[5] Art. 7 Abs. 2 ...

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