Präambel

Wichtige Zielstellung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) vom 23. Dezember 2016 ist es, den Menschen mit seinen behinderungsspezifischen Bedarfen in den Mittelpunkt zu stellen. "Leistungen sollen wie aus einer Hand erbracht und zeitintensive Zuständigkeitskonflikte der Träger untereinander sowie Doppelbegutachtungen zulasten der Menschen mit Behinderungen vermieden werden."[1] Diese Zielstellung wird auch im Dritten Pflegestärkungsgesetz mit der Neuformulierung des § 13 Abs. 4 SGB XI aufgegriffen, auf die § 91 Abs. 3 SGB IX neu verweist. Beim Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung, Leistungen der Hilfe zur Pflege und Leistungen der Eingliederungshilfe ist die Leistungserbringung mit Zustimmung des Leistungsberechtigten "wie aus einer Hand" durch Vereinbarungen beider Leistungsträger zu gewährleisten. Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind dabei nach der Maßgabe des § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig.

Aufgabe der nachfolgenden Empfehlung ist es, für eine bundesweit einheitliche Umsetzung das Nähere zu den Modalitäten der Übernahme und Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers auszuführen. Dabei kommt dem Träger der Eingliederungshilfe als verfahrensführendem Träger und Ansprechpartner für den Leistungsberechtigten eine zentrale Rolle zu. Zur frühzeitigen Vorbereitung der Vereinbarung ist die Pflegekasse in das hierfür entscheidende Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahren und die dort stattfindende Verhandlung mit den leistungsberechtigten Personen beratend einzubeziehen.

Den Partnern der nachfolgenden Empfehlung ist durchaus bewusst, dass infolge der gestärkten Rolle der leistungsberechtigten Menschen (Wunsch- und Wahlrecht[2], partizipatives Teilhabeplan- bzw. Gesamtplanverfahren[3], Abstimmungs- und Zustimmungsvorbehalte[4], Vereinbarungsoptionen[5]) nur begrenzt prognostizierbar ist, welche Fragestellungen die zu schließenden Vereinbarungen der Leistungsträger letztlich prägen, und welche Ergebnisse der Aushandlungsprozess im Teilhabeplan-/Gesamtplanverfahren schwerpunktmäßig haben kann. Die Praxis der mit Hilfe dieser Empfehlung entstehenden Vereinbarungen und ihrer Umsetzung wird nach § 13 Abs. 4b SGB XI im Rahmen der Evaluation nach § 18c SGB XI untersucht, um ggf. auch auf der Empfehlungsebene nachsteuern zu können.

[1] Begründung zum Gesetzentwurf vom 23. Juni 2016 (Kabinettsache 18/11076), S. 192.

§ 1 Geltungsbereich

 

(1) Die nachfolgende Empfehlung bezieht sich ausschließlich auf das Zusammentreffen von fortlaufenden Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege mit fortlaufenden Leistungen der Eingliederungshilfe und ggf. solchen der Hilfe zur Pflege, da sich insbesondere hier Möglichkeiten der Leistungserbringung wie aus einer Hand bieten. Voraussetzung ist, dass der Leistungsberechtigte zugestimmt hat, dass die beiden Leistungsträger nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB XI vereinbaren, dass der zuständige Träger der Eingliederungshilfe Pflegeversicherungsleistungen, die im Verhältnis zum Leistungs-berechtigten erbracht werden, übernimmt.

 

(2) Soweit die Eingliederungshilfeleistungen stationär bzw. – ab 2020 – in persönlichem Wohnraum und zusätzlichen Räumlichkeiten (§ 42a Abs. 2 Nr. 2 SGB XII i. d. ab 01.01.2020 geltenden Fassung) erbracht werden, die unter § 43a SGB XI fallen, ist unverändert wie bisher zu verfahren. In diesen Fällen findet die Empfehlung keine Anwendung.

 

(3) Fortlaufende Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne dieser Empfehlung sind Leistungen der Eingliederungshilfe, die die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, insbesondere eine möglichst selbstbestimmte und eigenverantwortliche Lebensführung im eigenen Wohnraum, ermöglichen oder erleichtern.

 

(4) Fortlaufende Leistungen der Pflegeversicherung im Sinne dieser Empfehlung sind die Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI und der Umwandlungsanspruch nach § 45a Abs. 4 SGB XI sowie der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI. Keine fortlaufenden Leistungen im Sinne dieser Empfehlung sind das Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder die Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI.

 

(5) Neben den Leistungen im Sinne des Absatzes 4 können auch die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI und der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI sowie die Leistungen der Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI Gegenstand der Vereinbarung sein.

§ 2 Vorbereitung der zu treffenden Vereinbarung

 

(1) Treffen bei einer leistungsberechtigten Person fortlaufende Leistungen der Pflege-versicherung und ggf. solche der Hilfe zur Pflege mit fortlaufenden Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, ist seitens des verfahrensführenden Trägers der Eingliederungshilfe zunächst die Zustimmung dieser leistungsberechtigten Person bzw. des gesetzlichen Vertreters zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Träger der Ei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge