OFD Hannover, Verfügung v. 20.7.2005, S 3802 - 25 - StO 261
Der Fiskus kann durch gewillkürte oder gesetzliche Erbfolge (§§ 1936, 1964 – 1966 BGB) Erbe werden.
Als gesetzlicher Erbe kann der Staat weder die Erbschaft ausschlagen noch auf sein Erbrecht verzichten (§§ 1942 Abs. 2, 2346 BGB). Seine Haftung ist jedoch im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auf den Nachlass beschränkt.
Für die Abwicklung von Erbschaften des Landes ist das Niedersächsische Finanzministerium – Landesliegenschaftsfonds –, Theaterstraße 16, 30159 Hannover, zuständig (http://www.immobilien.niedersachsen.de).
Konnte das FA einen Erben nicht ermitteln, hat es gem. § 81 AO i.V.m. § 1961 BGB beim Nachlassgericht die Bestellung eines Nachlasspflegers zu beantragen, um feststellen zu lassen, dass der Fiskus nunmehr gem. §§ 1964, 1966 BGB Erbe ist. Das FA hat dabei alle ihm bekannt gewordenen Umstände des Falles, z.B. die Zusammensetzung und Höhe des Nachlasses, das Vorhandensein eines Bevollmächtigten usw. dem Nachlassgericht mitzuteilen. Die Unterrichtung des Nachlassgerichtes geschieht im steuerlichen Interesse und im Interesse des Erben, sie verstößt nicht gegen § 30 AO. Das Nachlassgericht ist darauf hinzuweisen, dass im Falle des Vorliegens des Fiskuserbrechts der Liegenschaftsfonds entsprechend zu informieren ist.
Behandlung von Scheinerben
Es ist möglich, dass jemand aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts eine Erbschaft oder einen Teil davon erlangt hat. Wird z.B. nachträglich ein Testament aufgefunden, das eine andere Erbregelung vorsieht, so muss der Scheinerbe den Nachlass an den wahren Erben herausgeben (§§ 2018 ff. BGB). Ein gegen den Scheinerben ergangener Steuerbescheid ist gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben, weil der Scheinerbe einen Steuertatbestand i.S. des § 3 ErbStG nicht verwirklicht hat.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Festsetzungsfrist für die Besteuerung des wahren Erben gem. § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der wahre Erbe von seinem Erwerb Kenntnis erlangt hat. Nach der erstmaligen Steuerfestsetzung gegen den wahren Erben kann die Steuerfestsetzung gegen den Scheinerben auch nach § 174 Abs. 1 AO berichtigt werden (Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, § 3 ErbStG Rz. 106).
Normenkette
BGB § 1936
BGB § 1961
BGB § 1964
BGB § 1965
BGB § 1966;
AO 1977 § 81
AO 1977 § 30
AO 1977 § 170 Abs. 5 Nr. 1
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2
AO 1977 § 174 Abs. 1;
ErbStG § 3