Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Das Vergleichswertverfahren ist grundsätzlich in § 183 BewG geregelt. Dabei sind die Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (sog. Vergleichsgrundstücke). Grundlage dieser Vergleichswerte sind die von den Gutachterausschüssen i. S. d. §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise.
Klarstellung durch Jahressteuergesetz 2022
Durch das Jahressteuergesetz 2022 ist zum 1.1.2023 klarstellend in § 183 Abs. 2 Satz BewG aufgenommen worden, dass die von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichsfaktoren nach § 177 Abs. 2 und Abs. 3 BewG anzuwenden sind.
Weicht das zu bewertende Grundstück von den wertbeeinflussenden Merkmalen der Vergleichsgrundstücke ab, können diese Abweichungen durch Zu- oder Abschläge nach Vorgabe des zuständigen Gutachterausschusses berücksichtigt werden. Eine hinreichende Übereinstimmung soll noch vorliegen, wenn die wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks um höchstens 20 % vom Vergleichsgrundstück abweichen.
Reine Kaufpreissammlung ist nicht ausreichend
Wenn Gutachterausschüsse nur Durchschnittskaufpreise (Kaufpreismittel) aus einer Vielzahl von Kauffällen einer Grundstücksart ohne Berücksichtigung unterschiedlicher wertbeeinflussender Merkmale ableiten, sind diese als Vergleichswerte nicht geeignet.
Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten, insbesondere Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden. Da sich diese Vergleichsfaktoren nur auf das Gebäude beziehen, ist der Bodenwert gesondert mit seinem Verkehrswert (dem nach dem Bodenrichtwert nach § 179 BewG ermittelten Wert) zu berücksichtigen.
Keine Berücksichtigung individueller Verhältnisse
Besonderheiten, insbesondere den Wert beeinflussende Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, werden im Vergleichswertverfahren nicht berücksichtigt. Unberührt bleibt aber der Nachweis eines niedrigeren gemeines Werts nach § 198 BewG.
Kann für Wohnungseigentum, Teileigentum oder Ein- und Zweifamilienhäuser kein solcher Vergleichswert festgestellt werden, muss die wirtschaftliche Einheit nach dem Sachwertverfahren bewertet werden. Obwohl dies nach der gesetzlichen Regelung nur der Ausnahmefall sein soll, wird dies in der Praxis zumindest in Regionen mit geringer Verkaufshäufigkeit häufiger gegeben sein.