Zusammenfassung
Vermögensübergänge, die in der engeren Familie innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrfach stattfinden, führen in der Regel zu einer erheblichen Steuerbelastung für dieses Vermögen.
Diese erhöhte Steuerbelastung soll durch § 27 ErbStG abgemildert werden. Diese Vorschrift sieht für Vermögen, welches innerhalb eines 10-Jahreszeitraums mehrfach den Vermögensinhaber wechselt, eine Steuerermäßigung vor. Die Höhe der Ermäßigung hängt davon ab, wie groß der Zeitabstand zwischen den einzelnen Vermögensübergängen ist. Die Vorschrift des § 27 ErbStG findet auch bei eingetragenen Lebenspartnern Anwendung.
Rückwirkend zum 1.7.2016 (§ 37 Abs. 12 ErbStG) ist die Erbschaftsteuerreform 2016 in Kraft getreten. Mit ihr sollen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden. Die Erbschaftsteuerreform 2016 beinhaltet im Wesentlichen Änderungen bei den Verschonungsmaßnahmen für Betriebsvermögen. Die übrigen Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes wurden nur redaktionell überarbeitet. Zur Verfassungsmäßigkeit und Auslegung der Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG s. auch das BFH-Urteil vom 22.8.2017.
Hinweis: Strittigwar es, ob ab dem 1.7.2016 bis zum 4.11.2016 eine Erbschaftsteuerpause eingetreten war. Der BFH hat hierzu entschieden, dass keine Erbschaftsteuerpause eingetreten ist.
Die gesetzliche Regelung zum mehrfachen Erwerb desselben Vermögens findet sich in § 27 ErbStG. Die entsprechenden Verwaltungsanweisungen sind in R E 27 EStR 2019 und H E 27 ErbStH 2019 enthalten.
Beachtung muss das Kreditzweitmarktförderungsgesetz finden, das zum 1.1.2024 in Kraft getreten ist.
Mit diesem wurde der klarstellende § 2a ErbStG in das Erbschaftsteuergesetz eingefügt.
Dieser hat folgenden Inhalt:
- Im Fall eines Erwerbs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Erwerber.
- Bei einer Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Zuwendende.
1 Grundbeispiel
In einem Grundbeispiel soll die erhöhte steuerliche Belastung, welche durch den mehrfachen Übergang desselben Vermögens ausgelöst wird, deutlich gemacht werden. Dies soll zunächst ohne Anwendung des § 27 ErbStG geschehen.
Keine Anwendung des § 27 ErbStG
Großvater G verstirbt am 1.09.2015 und hinterlässt ein Vermögen in Höhe von 1.300.000 EUR. Zur Alleinerbin hat G seine mittellose Tochter T eingesetzt. Am 30.10.2023 verstirbt die Tochter an den Folgen eines Verkehrsunfalls. T hat testamentarisch bestimmt, dass ihr Sohn S Alleinerbe werden soll. Aus Vereinfachungsgründen soll angenommen werden, dass der Kapitalwert der Versorgungsbezüge höher ist als der Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 2 ErbStG.
Aus dem Erbfall von G in 2017 ergibt sich für T folgende Steuer:
Hieraus ergibt sich bei einem Steuersatz von 19 % (§ 15 Abs. 1 Stkl. I Nr. 2 ErbStG, § 19 Abs. 1 ErbStG) eine Erbschaftsteuer in Höhe von 169.043 EUR.
Der zweite Erbfall in 2023 (Tochter T):
Vermögensanfall (1.300.000 EUR ./. durch T entrichtete Erbschaftsteuer 169.043 EUR) |
1.130.957 EUR |
Abzüglich persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) |
./. 400.000 EUR |
Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) |
./. 10.300 EUR |
Steuerpflichtiger Erwerb (nach Abrundung) |
720.600 EUR |
Hieraus ergibt sich bei einem Steuersatz von 19 % (§ 15 Abs. 1 Stkl. I Nr. 2 ErbStG, § 19 Abs. 1 ErbStG) eine Erbschaftsteuer in Höhe von 136.914 EUR.
Die erbschaftsteuerliche Belastung in Höhe von 305.957 EUR (169.043 EUR + 136.914 EUR) mindert das Vermögen durch den kurzfristigen zweimaligen Vermögensübergang auf 994.043 EUR (1.300.000 EUR ./. 305.957 EUR).
Hätte Großvater G seinem Enkel (S) das Vermögen direkt vermacht, würde sich die folgende steuerliche Belastung ergeben:
Hieraus ergibt sich bei einem Steuersatz von 19 % (§ 15 Abs. 1 Stkl. I Nr. 3 ErbStG, § 19 Abs. 1 ErbStG) eine Erbschaftsteuer in Höhe von 207.043 EUR.
Es zeigt sich deutlich, dass der zweimalige Vermögensübergang eine höhere steuerliche Belastung hervorruft, als der einmalige.
Lösung unter Anwendung des § 27 ErbStG
Unter Anwend...