Leitsatz

* Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu den Fragen Stellung zu nehmen,

– ob die Übernahme von 60% des Stammkapitals einer Körperschaft anlässlich einer Kapitalerhöhung einer entsprechenden Anteilsübertragung i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. gleichsteht,

– ob die Übernahme der Anteile durch eine mit den übrigen Anteilseignern personenidentische KG zum Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 n.F. führt.

. * Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine 1991 gegründete GmbH, die zunächst in der Baubranche tätig war. Ihr Stammkapital von 400 000 DM hielten fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20% der Anteile.

Am 7.2.1997 wurde das Stammkapital der Klägerin um 600 000 DM erhöht. Sie stellte das bisherige Baugeschäft ein und entließ die überwiegende Zahl an Mitarbeitern. Durch Sacheinlage wurden ihr ca. 900 000 DM neues Betriebsvermögen zugeführt; das bisherige Betriebsvermögen wurde veräußert und der Geschäftsführer abbestellt. Gegenstand des Unternehmens war nunmehr die Planung und Konstruktion, die Ausführung und der Vertrieb von kommunikationstechnischen Anlagen jeder Art, inklusive des dazugehörigen Hoch- und Tiefbaus, der Handel mit elektrischen und industriellen Maschinen, die Übernahme von Vertretungen einschlägiger Fabrikate sowie die Beteiligung an elektrischen und industriellen Bauausführungen für eigene und fremde Rechnung. Darüber hinaus ist die Gesellschaft befugt, elektrische und industrielle Anlagen in eigener Regie zu betreiben.

Die neuen Anteile wurden von einer KG (KG I) durch Sacheinlage eines Teilbetriebs übernommen. Die Beteiligungen der bisherigen fünf Gesellschafter verringerten sich dadurch auf je 8%. Die KG I übernahm 60% der Stammeinlage. An ihr sind als persönlich haftende Gesellschafterin ihrerseits eine GmbH (GmbH II) mit 250000 DM und als Kommanditistin eine weitere KG (KG II) mit 4,75 Mio. DM beteiligt. Gesellschafter der KG II sind als Komplementärin eine dritte GmbH (GmbH III) mit 4% sowie als Kommanditisten die fünf Gesellschafter der Klägerin, von diesen A, B, C und D zu 18,89% und E zu 20%.

Die Einbringung des Teilbetriebs im Rahmen der Erhöhung des Stammkapitals am 7.2.1997 erfolgte rückwirkend auf den 1.7.1996 zu Buchwerten. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr auf den 30.6. des Jahres.

Das FA ließ im Streitjahr 1998 den zum 30.6.1996 vorhandenen Verlustvortrag unter Hinweis auf § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 i.d.F. von Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997, § 10a Satz 4 GewStG und Tz. 28 des dazu ergangenen BMF-Schreibens vom 16.4.1999 (BStBl I 1999, 455) wegen Verlusts der wirtschaftlichen Identität nicht zum Abzug zu.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide blieb erfolglos (EFG 2002, 863).

 

Entscheidung

Der BFH hat in der Sache vorerst noch nicht entschieden, vielmehr das BMF zum Verfahrensbeitritt gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO aufgefordert. Offenbar beabsichtigt er eine alsbaldige "Generalbereinigung" der drängenden anstehenden Fragen zu § 8 Abs. 4 KStG. Einzelheiten entnehmen Sie bitte den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1.§ 8 Abs. 4 KStG, die sog. Mantelkauf-Regelung mit ihren zahlreichen Erschwernissen, was den Abzug vortragsfähiger Verluste bei Kapitalgesellschaften anbelangt, ist zurzeit "en vogue": Beim Durchstöbern der BFH-PR finden Sie dazu noch immer etliche ungelöste Zweifelsfragen. Diese betreffen verfassungsrechtliche Fragen nach dem formalen Zustandekommen des Gesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) (vgl. BFH, Beschluss vom 18.7.2001, I R 38/99, BFH-PR 2002, 77; s. unten unter 4.), Fragen nach der erstmaligen Anwendung der hiernach verschärften Regelungslage (BFH, Beschluss vom 19.2.2002, I R 58/01, BFH-PR 2002, 183), vor allem aber die Fragen danach, wann die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft gewahrt ist. Das ist nach dem Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG "insbesondere" dann nicht mehr der Fall, wenn mehr als die Hälfte (zuvor 75%) der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb überwiegend mit neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt oder – nach nunmehriger Gesetzeslage alternativ – fortführt.

2. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund hat der BFH in seinem zitierten Beschluss vom 19.2.2002, I R 58/01, BFH-PR 2002, 183 das BMF zum Verfahrensbeitritt aufgefordert, unter welchen Umständen der Gesellschaft frisches Betriebsvermögen zugeführt wird. Der Verfahrensbeitritt ist zwischenzeitlich erfolgt. Die Dinge bleiben abzuwarten.

3. Es gibt aber in diesem Zusammenhang noch weitere Probleme und diesen nimmt sich der nunmehrige Beschlussfall an. Dazu stellen sich die beiden im Leitsatz ersichtlichen Fragen, auf die der BFH vorerst nur vorläufige Antworten gibt:

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