Leitsatz
1. § 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) ist gem. § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 4 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 (BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7) mit erstmaliger Wirkung für Umwandlungsvorgänge anzuwenden, deren Eintragung im Handelsregister nach dem 05.08.1997 beantragt worden ist. Letzteres ist der Fall, wenn ein Umwandlungsvorgang nach dem 05.08.1997 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde. Dass der Umwandlungsvorgang vor dem 05.08.1997 notariell beurkundet worden ist und dass der Notar in diesem Zusammenhang beauftragt wurde, die Eintragung im Handelsregister anzumelden, ist unbeachtlich.
2. § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 4 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 (BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7) i.V.m. § 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 ist mit dem GG vereinbar und wirkt nicht in unzulässiger Weise zurück.
3. Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 ist mit dem GG unvereinbar, bleibt aber gültig (Anschluss an BVerfG-Beschluss vom 15.01.2008, 2 BvL 12/01, BFH/PR 2008, 232).
Normenkette
§ 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997, § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997
Sachverhalt
Eine GmbH wurde formwechselnd in eine OHG umgewandelt. Gem. notariellem Gesellschafterbeschluss vom 26.06.1997 sollte der Formwechsel rückwirkend zum 01.01.1997 als erfolgt gelten. Der beurkundende Notar war von den Vertragsbeteiligten unwiderruflich angewiesen, den Vollzug des Gesellschafterbeschlusses "umgehend und unverzüglich herbeizuführen". Die Umwandlung wurde vom Notar am 28.08.1997 beim Registergericht angemeldet. Die Eintragungen erfolgten für die GmbH am 23.09.1997 und für die Klägerin am 13.10.1997.
Im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung 1996 (Streitjahr) beantragte die OHG, einen Übernahmeverlust festzustellen. Das FA ließ hiervon abweichend diesen erklärten negativen Wert des übernommenen Vermögens der GmbH gem. § 4 Abs. 5 S. 1 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 3 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 außer Ansatz, aktivierte den verbleibenden Übernahmeverlust und berücksichtigte hiervon im Streitjahr gem. § 4 Abs. 6 S. 2 UmwStG 1995 n.F. lediglich 1/15.
Die OHG war demgegenüber der Auffassung, § 4 Abs. 5 S. 1 und Abs. 6 S. 2 UmwStG 1995 n.F. sei im Streitfall noch nicht anzuwenden, weil die Registereintragung des Umwandlungsvorgangs am 26.06.1997 und damit vor dem insoweit für die erstmalige Anwendung der geänderten Regelungsfassung maßgeblichen Stichtag des 05.08.1997 gem. § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 4 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 beantragt worden sei. Es komme folglich noch auf die Regelung in § 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform an, die den vollen Abzug des Übernahmeverlusts ermögliche.
Die gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1996 gerichtete Klage hatte Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 26.07.2001, 1 K 1946/98, Haufe-Index 649225, EFG 2002, 59).
Entscheidung
Der BFH gab indes dem FA recht:
Weil der Formwechsel erst nach dem 06.08.1997 beim Handelsregister zur Eintragung angemeldet worden sei, greife die verschonende Übergangsregelung des § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 nicht. Die Regelungsverschärfungen, die das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform gebracht habe, seien uneingeschränkt anzuwenden. Auch ein Verfassungsverstoß in Gestalt einer unzulässigen Rückwirkung der Neuregelung scheide aus.
Hinweis
Das Urteil betrifft schon seit langem ausgelaufenes Übergangsrecht, hat aber wegen einer Fülle noch anhängiger Fälle und auch wegen der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Rückwirkungsproblematik noch immer Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung.
1. Der Abzug von Verlusten wurde im Jahr 1997 mittels des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) deutlich verschärft. Das geschah – in der Fußballersprache – gleichsam aus der "Tiefe des Raumes" in Gestalt einer sog. Spontaninitiative des Bundestags-Vermittlungsausschusses ohne jegliche parlamentarische Vorbereitung. Weil das Parlament aber nicht auf die Funktion eines bloßen Stimmviehs reduziert werden darf, verstößt das gegen den Parlamentsvorbehalt und ist verfassungswidrig.
So hat das BVerfG (durch Beschluss vo...