Leitsatz
1. Zwischenberechtigter einer ausländischen Vermögensmasse i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über dingliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche in Bezug auf Vermögen oder Erträge der Vermögensmasse verfügt.
2. Die Ermittlung ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. In welchem Umfang das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen und ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig; der Vortrag der Beteiligten ist zu berücksichtigen.
3. Bei Ausschüttungen aus einer ausländischen Vermögensmasse obliegt es dem Empfänger, die Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls die erforderlichen Beweismittel dafür zu beschaffen, dass ihm nach Maßgabe des einschlägigen Rechts kein Anspruch auf die Ausschüttung zugestanden habe.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 9 Satz 2 ErbStG, § 15 Abs. 1 AStG a.F., § 293 ZPO, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Die Klägerin war mit dem in den USA wohnhaften und in 2010 verstorbenen E verheiratet. E hatte mehrere Trusts gegründet, deren Begünstigte die Klägerin war, u.a. einen durch Vertrag vom 8.5.2009 errichteten Trust. Dieser Trust ist unwiderruflich und bildet eine selbstständige Vermögensmasse. Die Klägerin kann keinen Einfluss auf Anlageentscheidungen des Trusts nehmen. Beginnend mit dem Tod des E sollen die Nettoeinnahmen des Trusts gemäß den Verfügungen der Verwalter des Trusts in vierteljährlichen Raten an die Klägerin ausgezahlt oder für sie verwendet werden. Durch Auszahlungen aus dem Grundkapital des Trusts waren diese Leistungen sowie weitere Leistungen aus einem anderen noch zu gründenden Trust so aufzustocken, dass die Klägerin insgesamt jährlich einen bestimmten Betrag erhält. Die Klägerin, die seit 2011 einen Wohnsitz im Inland hat, bezog in diesem Jahr fünf Ausschüttungen des Trusts.
Das FA setzte gegenüber der Klägerin für die letzte Auszahlung nach Anrechnung der Vorerwerbe Schenkungsteuer fest und wies den Einspruch zurück.
Außerdem setzte das dafür zuständige FA gegenüber der Klägerin mit bestandskräftigem ESt-Bescheid für 2011 ESt fest und legte hierbei u.a. einen Hinzurechnungsbetrag nach § 15 Abs. 1 AStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (AStG a.F.) zugrunde, der sämtliche zugunsten der Klägerin als Begünstigte errichtete US-Trusts erfasst.
Das FG wies die Klage gegen die Festsetzung der Schenkungsteuer ab (FG München, Urteil vom 15.5.2019, 4 K 2033/16, Haufe-Index 13200328, EFG 2019, 1233).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin verwies der BFH die Sache an das FG zurück. Das FG sei von der früheren, inzwischen modifizierten Rechtsprechung des BFH ausgegangen. Um abschließend entscheiden zu können, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorlag, bedürfe es weiterer Feststellungen.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der Frage, wer Zwischenberechtigter einer ausländischen Vermögensmasse i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ist.
1. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden, was u.a. bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG steht dem gleich der Erwerb bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, sowie der Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse.
a) Die Regelungen über Vermögensmassen ausländischen Rechts in §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG wurden durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402) eingeführt. Sie sollten vor allem typische und in den anglo-amerikanischen Staaten gebräuchliche Formen des sog. common law trust erfassen. Es handelte sich um eine Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH, derzufolge die bloße Errichtung sog. Testamentstrusts, die nicht auf alsbaldige Verteilung des Trustvermögens gerichtet waren, grundsätzlich weder beim Trustverwalter noch beim Begünstigten zu einem steuerbaren Erwerb führte, während die grundsätzlich mögliche Besteuerung der (kapitalisierten) zukünftigen Erträge unter Vollzugsdefiziten litt. Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel vollzogen, indem er beim Zwischenberechtigten die (schrittweise) Auskehrung von Vermögen und Erträgen der Besteuerung unterworfen hat.
b) Für ausländische Stiftungen hat der BFH die nachfolgenden Grundsätze aufgestellt:
Das Vermögen einer wirksam gegründeten, rechtlich selbstständigen und damit intransparenten Stiftung ist dem Stifter nicht mehr zuzurechnen. Ist einer solchen Stiftung vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist dieses nur noch der Stiftung zuzuordnen. Der Tod des Stifters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung. Sind jedoch nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen dem Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen einer ausländischen Stiftung vorbehalten,...