Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromsteuer, Steuersatz, Ermäßigter Steuersatz, Stromsteuererstattung, Verzinsung, Pflicht zur Verzinsung zu Unrecht erhobener Stromsteuer

 

Normenkette

EGRL 96/2003 Art. 17 Abs. 1 Buchst. a

 

Beteiligte

Hauptzollamt B

XY

Hauptzollamt B

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 19.11.2019; Aktenzeichen VII R 17/18; BFH/NV 2020,, 1254)

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.11.2022; Aktenzeichen VII R 29/21 (VII R 17/18))

 

Tenor

Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es eine Verzinsung des Erstattungsbetrags der Stromsteuer verlangt, die zu Unrecht erhoben wurde, weil eine auf der Grundlage einer den Mitgliedstaaten von der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom eingeräumten Möglichkeit erlassene nationale Vorschrift fehlerhaft angewendet wurde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. November 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Februar 2020, in dem Verfahren

XY

gegen

Hauptzollamt B

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter M. Ilešič, E. Juhász (Berichterstatter), C. Lycourgos und I. Jarukaitis,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von XY, vertreten durch Rechtsanwalt J. Lenhard,
  • des Hauptzollamts B, vertreten durch G. Rittenauer als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und S. Heimerl als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und R. Pethke als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Mai 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen XY und dem Hauptzollamt B (Deutschland) über eine die Besteuerung des Stromverbrauchs von XY betreffende Steuerberichtigung und insbesondere über den Anspruch von XY auf Zahlung von Zinsen auf den Betrag der Stromsteuer, den sie zu Unrecht gezahlt hatte und der ihr daher erstattet wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 3 bis 5 der Richtlinie 2003/96 heißt es:

„(3) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.

(4) Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.

(5) Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.”

Rz. 4

Art. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom.”

Rz. 5

Art. 5 der Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können unter Steueraufsicht gestaffelte Steuersätze anwenden, soweit diese die in dieser Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge nicht unterschreiten und mit dem [Unions]recht vereinbar sind, und zwar in den folgenden Fällen:

  • Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den gestaffelten Steuersätzen und der Qualität der Erzeugnisse;
  • die gestaffelten Steuersätze richten sich nach dem Verbrauch an elektrischem Strom und sonstigen Energieerzeugnissen, die als Heizstoff verwendet werden;
  • die Steuersätze gelten für den öffentlichen Personennahverkehr (einschließlich Taxis), die Müllabfuhr, die Streitkräfte und öffentliche Verwaltung, Menschen mit Behinderung oder Krankenwagen[;]
  • es wird bei den in den Artikeln 9 und 10 genannten Energieerzeugnissen bzw. dem elektrischen Strom zwischen betrieblicher und nicht betrieblicher Verwendung unterschieden.”

Rz. 6

Art. 17 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten können in den nachstehenden Fällen für den Verbrauch von Energieerzeugnissen, die zu Heizzwecken bzw. für die Zwecke des Artikels 8 Absatz 2 Buchstaben b) und c) verwendet werden, und von elektrischem Strom Steuerermäßigungen anwenden, sofern die in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Mindeststeuerbeträge im Durchschnitt für alle Betriebe eingehalten werden:

  1. Für energieintensive Betriebe.

    Als ‚energieintensiver Betrieb’ gilt eine Betriebseinheit im Sinne von Artikel 11, bei der sich entweder die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3,0 % de...

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