Entscheidungsstichwort (Thema)
Biokraftstoffe, Steuerbefreiung, Erzeugnis aus einer Mischung aus Pflanzenöl, fossilem Dieselkraftstoff und spezifischen Additiven, Ausnahme von der Steuerbefreiung
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 3 der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, mit der von dem in dieser Regelung vorgesehenen Steuerbefreiungsregime für Biokraftstoffe ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das aus einer Mischung aus Pflanzenöl, fossilem Dieselkraftstoff und spezifischen Additiven besteht, ausgeschlossen wird.
2. Die allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verwehren es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht, für ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche das für dieses geltende Steuerbefreiungsregime vor dem in der nationalen Regelung ursprünglich vorgesehenen Enddatum aufzuheben. Jedenfalls setzt eine solche Aufhebung nicht das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände voraus. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller für den Rechtsstreit relevanten Umstände im Rahmen einer auf den konkreten Fall bezogenen Gesamtwürdigung zu prüfen, ob diese Grundsätze in der Rechtssache des Ausgangsverfahrens beachtet wurden.
Normenkette
EGRL 30/2003 Art. 3
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
Richtlinie 2003/30/EG ‐ Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor ‐ Richtlinie 2003/96/EG ‐ Gemeinschaftliche Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‐ Mischung aus Pflanzenöl, Additiv und Kraftstoff ‐ Biokraftstoffe ‐ Nationale Regelung ‐ Steuerbefreiung ‐ Ersatz der Befreiung durch eine Pflicht zur Einhaltung eines Mindestanteils an Biokraftstoff in Kraftstoffen ‐ Vereinbarkeit mit den Richtlinien 2003/30/EG und 2003/96/EG ‐ Allgemeine Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes
In der Rechtssache C-201/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hessischen Finanzgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Mai 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 2008, in dem Verfahren
Plantanol GmbH & Co. KG
gegen
Hauptzollamt Darmstadt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter A. Ó Caoimh (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues und U. Lõhmus sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: R. şereŞ, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Plantanol GmbH & Co. KG, vertreten durch den Geschäftsführer J. Runkel,
‐ des Hauptzollamts Darmstadt, vertreten durch M. Völlm und K. Goldmann als Bevollmächtigte,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ossowski als Bevollmächtigten im Beistand von P. Mantle, Barrister,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Mölls, B. Schima und K. Gross als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (ABl. L 123, S. 42) sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Plantanol GmbH & Co. KG und dem Hauptzollamt Darmstadt über die Zahlung der Energiesteuer für Mai 2007.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Richtlinie 2003/30
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 10, 12, 14, 19, 20, 22 und 27 der Richtlinie 2003/30 lauten:
(10) Die Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen im Verkehr ist ein Schritt in Richtung einer stärkeren Nutzung der Biomasse; dies wird dazu führen, dass in Zukunft vermehrt Biokraftstoffe entwickelt werden können, ohne dass dabei andere Optionen, insbesondere die Wasserstofftechnik, ausgeschlossen werden.
…
(12) Reines Pflanzenöl, das durch Auspressen, Extraktion oder vergleichbare Verfahren aus Ölsaaten gewonnen wird, kann in bestimmten Fällen, in denen es für den Motorentyp geeignet ist und die entsprechenden Emissionsanforderungen erfüllt, roh oder raffiniert, jedoch chemisch unverändert, ebenfalls als Biokraftstoff verwendet werden.
…
(14) Bioethanol und Biodiesel, die in Reinform oder als Mischung für Fahrzeuge verwendet werden, sollte...