Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarkeit, Leistungsaustausch, Schadensersatz, Bemessungsgrundlage, Telekommunikationsdienstleistung, Vorzeitige Kündigung eines Telekommunikationsvertrags, Zahlung bei Nichteinhaltung einer vertraglichen Mindestbindungsfrist

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 2 Abs. 1 Buchst. c

 

Beteiligte

Vodafone Portugal

Vodafone Portugal – Comunicações Pessoais SA

Autoridade Tributária e Aduaneira

 

Verfahrensgang

Tribunal Arbitral Tributário (Portugal) (Beschluss vom 02.01.2019; ABl. EU 2019, Nr. C 139/34)

 

Tenor

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass Beträge, die ein Wirtschaftsteilnehmer erhält, falls ein Dienstleistungsvertrag, der als Gegenleistung für die Gewährung vorteilhafter Konditionen an einen Kunden die Einhaltung einer Mindestbindungsfrist vorsieht, aus bei diesem Kunden liegenden Gründen vorzeitig beendet wird, als Vergütung für die Erbringung einer entgeltlichen Dienstleistung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa) (Schiedsgericht für Steuerangelegenheiten [Zentralstelle für Verwaltungsschiedsgerichtsbarkeit], Portugal) mit Entscheidung vom 2. Januar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Januar 2019, in dem Verfahren

Vodafone Portugal – Comunicações Pessoais SA

gegen

Autoridade Tributária e Aduaneira

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, des Richters D. Řváby und der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2020,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Vodafone Portugal – Comunicações Pessoais SA, vertreten durch S. Fernandes de Almeida, J. Lobato Heitor und A. Costa, advogados,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, T. Larsen, R. Campos Laires und P. Barros da Costa als Bevollmächtigte,
  • der irischen Regierung, vertreten durch J. Quaney und M. Browne als Bevollmächtigte im Beistand von N. Travers, SC,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Lavery als Bevollmächtigte im Beistand von E. Mitrophanous, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch L. Lozano Palacios und A. Caeiros, dann durch L. Lozano Palacios und I. Melo Sampaio als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und der Art. 9, 24, 72 und 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vodafone Portugal – Comunicações Pessoais SA (im Folgenden: Vodafone) und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer- und Zollbehörde, Portugal) über die Mehrwertsteuer-Selbstveranlagung für November 2016.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor, dass „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt”, der Mehrwertsteuer unterliegen.

Rz. 4

Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Als ‚Steuerpflichtiger” gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit” gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.”

Rz. 5

Art. 24 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Als ‚Dienstleistung” gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist.

(2) Als ‚Telekommunikationsdienstleistung” gelten Dienstleistungen zum Zweck der Übertragung, Ausstrahlung oder des Empfangs von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder andere elektromagnetische Medien, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Abtretung oder Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang, einschließlich der Bereitstellung des Zugangs zu globalen Informationsnetzen.”

Rz. 6

In Art. 64 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Geben Lieferungen von Gegenständen … und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass, gelten sie jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlun...

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