Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung, Nahrungsergänzungsmittel, Position 2106, Position 3004, Wirkstoff als wesentlicher Bestandteil eines Nahrungsergänzungsmittels
Leitsatz (amtlich)
1. Die Position 3004 der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs, die in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass in diese Position nicht automatisch Erzeugnisse einzureihen sind, die unter den Begriff „Arzneimittel“ im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 geänderten Fassung fallen.
2. Die Kombinierte Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs, die in Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in der Fassung der Verordnung Nr. 1006/2011 enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass Erzeugnisse wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die allgemein nützliche Wirkungen auf die Gesundheit haben und deren wesentlicher Bestandteil ein in Nahrungsergänzungsmitteln, die in die Tarifposition 2106 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht sind, enthaltener Wirkstoff ist, obschon diese Erzeugnisse von ihrem Hersteller als Arzneimittel aufgemacht und als solche vermarktet und verkauft werden, unter diese Position fallen.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
LEK farmacevtska druzba d.d |
Verfahrensgang
Vrhovno sodisce Republike Slovenije (Slowenien) (Beschluss vom 10.12.2015; ABl. EU 2016, Nr. C 111/6) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Tarifierung der Waren ‐ Nahrungsergänzungsmittel der Tarifposition 2106 ‐ Wirkstoff als wesentlicher Bestandteil ‐ Eventuelle Einreihung in Kapitel 30 der Kombinierten Nomenklatur ‐ Aufmachung und Vermarktung der Erzeugnisse als Arzneimittel“
In der Rechtssache C-700/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof, Slowenien) mit Entscheidung vom 10. Dezember 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Dezember 2015, in dem Verfahren
LEK farmacevtska družba d.d.
gegen
Republika Slovenija
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der LEK farmacevtska družba d.d., vertreten durch P. Pensa, odvetnik, und J. Zaplotnik, odvetnica,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Caeiros und M. Žebre als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 (ABl. 2011, L 282, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der LEK farmacevtska družba d.d. (im Folgenden: Lek) auf der einen und der Republika Slovenija (Republik Slowenien) auf der anderen Seite wegen Entscheidungen über die zolltarifliche Einreihung von drei Erzeugnissen mit den Namen „Linex“, „Linex Forte“ und „Linex Baby Granulat“.
Rechtlicher Rahmen
Das HS
Rz. 3
Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), wurde durch das am 15. Dezember 1950 in Brüssel geschlossene Abkommen über die Gründung eines Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens errichtet. Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde von der WZO ausgearbeitet und mit dem am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS-Übereinkommen) eingeführt, das mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt wurde.
Rz. 4
Nach Art. 3 Abs. 1 des HS-Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, ihre Zolltarifnomenklatur und ihre Statistiknomenklaturen mit dem HS in Übereinstimmung zu bringen, alle Positionen und Unterpositionen des HS sowie die dazugehörigen Codes zu verwenden, ohne etwas hinzuzufügen oder zu ändern, und...