Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Äquivalenzgrundsatz. Effektivitätsgrundsatz. Verfahren zur Zwangsvollstreckung aus einem Leasingvertrag, der einen vollstreckbaren Titel darstellt. Vollstreckungsbeschwerde. Nationale Regelung, die es dem mit dieser Beschwerde befassten Gericht nicht gestattet, die Missbräuchlichkeit der Klauseln eines Vollstreckungstitels zu prüfen. Befugnis des Vollstreckungsgerichts, die etwaige Missbräuchlichkeit einer Klausel von Amts wegen zu prüfen. Bestehen eines ordentlichen Rechtsbehelfs, der die Kontrolle der Missbräuchlichkeit dieser Klauseln ermöglicht. Erfordernis einer Sicherheitsleistung für die Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG

 

Beteiligte

Impuls Leasing România

IO

Impuls Leasing România IFN SA

 

Tenor

Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die es dem Vollstreckungsgericht, das mit einer Vollstreckungsbeschwerde befasst ist, nicht gestatten, von Amts wegen oder auf Antrag des Verbrauchers die Missbräuchlichkeit der Klauseln eines Vertrags zu prüfen, der zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden geschlossen wurde und einen vollstreckbaren Titel darstellt, sofern das Gericht des Erkenntnisverfahrens, bei dem gesondert eine ordentliche Klage auf Prüfung der Missbräuchlichkeit der Klauseln eines solchen Vertrags anhängig gemacht werden kann, das Vollstreckungsverfahren nur dann bis zu seiner Sachentscheidung aussetzen kann, wenn eine Sicherheit geleistet wird, deren Höhe geeignet ist, den Verbraucher davon abzuhalten, eine solche Klage zu erheben und aufrechtzuerhalten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Judecătoria Sectorului 2 Bucureşti (Amtsgericht Sektor 2 Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 18. September 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Oktober 2019, in dem Verfahren

IO

gegen

Impuls Leasing România IFN SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin K. Jürimäe, der Kammerpräsidenten C. Lycourgos, E. Regan, S. Rodin (Berichterstatter) und I. Jarukaitis sowie der Richter M. Ilešič, J.-C. Bonichot, M. Safjan, F. Biltgen, P. G. Xuereb, N. Piçarra, der Richterin L. S. Rossi und des Richters A. Kumin,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Impuls Leasing România IFN SA, vertreten durch N. M. Ionescu, Avocată,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García, C. Gheorghiu und M. Carpus Carcea als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Juli 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen IO und der Impuls Leasing România IFN SA (im Folgenden: ILR) über eine Beschwerde der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in Bezug auf einen Leasingvertrag.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Dem 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 zufolge „[müssen d]ie Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten … über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird”.

Rz. 4

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.”

Rz. 5

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.”

Rumänisches Recht

Rz. 6

Die Zivilprozessordnung wurde durch die am 21. Dezember 2018 in Kraft getretene Legea nr. 310/2018 pentru modificarea şi completarea Legii nr. 134/2010 privind Codul de procedură civilă, precum şi pentru modificarea şi completarea altor acte normative (Gesetz Nr. 310/2018 zur Änderung un...

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