Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebietsfremder Investmentfonds, Erstattung von Didvidendensteuer, OGAW

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

Köln-Aktienfonds Deka

Köln-Aktienfonds Deka

Staatssecretaris van Financiën

 

Verfahrensgang

Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Beschluss vom 03.03.2017; ABl. EU 2017 Nr. C 178/10)

 

Tenor

1. Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der einem gebietsfremden Investmentfonds keine Erstattung der Dividendensteuer gewährt wird, die auf Dividenden einbehalten wurde, die er von in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften bezogen hat, weil er nicht nachweist, dass seine Anteilsinhaber oder Beteiligten die in dieser Regelung festgelegten Voraussetzungen erfüllen, sofern diese Voraussetzungen nicht de facto gebietsfremde Investmentfonds benachteiligen und die Steuerbehörden verlangen, dass das Vorliegen dieser Voraussetzungen auch von gebietsansässigen Investmentfonds nachgewiesen wird, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

2. Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach einem gebietsfremden Investmentfonds keine Erstattung der in diesem Mitgliedstaat entrichteten Dividendensteuer gewährt wird, weil er nicht die dafür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, d. h. er seine Anlageerträge nicht jährlich spätestens innerhalb von acht Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahrs vollständig an seine Anteilsinhaber oder Beteiligten ausschüttet, wenn in seinem Sitzmitgliedstaat seine nicht ausgeschütteten Anlageerträge als ausgeschüttet gelten oder bei den Anteilsinhabern oder Beteiligten in die Besteuerung durch diesen Mitgliedstaat einbezogen werden, als ob der Gewinn ausgeschüttet worden wäre und sich ein solcher Fonds im Hinblick auf das mit diesen Voraussetzungen verfolgte Ziel in vergleichbarer Lage befindet wie ein gebietsansässiger Fonds, dem diese Steuer erstattet wird, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 3. März 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. März 2017, in dem Verfahren

Köln-Aktienfonds Deka

gegen

Staatssecretaris van Financiën,

Beteiligte:

Nederlandse Orde van Belastingadviseurs,

Loyens en Loeff NV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. G. Xuereb (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz und C. Vajda,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Köln-Aktienfonds Deka, vertreten durch R. van der Jagt, Partner,
  • des Nederlandse Orde van Belastingadviseurs, vertreten durch F. R. Herreveld und J. J. A. M. Korving als Bevollmächtigte,
  • der Loyens en Loeff NV, vertreten durch A. C. Breuer, advocaat, und S. Daniëls, Steuerberater,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, ursprünglich vertreten durch T. Henze, J. Möller und R. Kanitz, dann durch J. Möller und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und N. Gossement als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 63 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Köln-Aktienfonds Deka (im Folgenden: KA Deka) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, Niederlande) über die Erstattung der Dividendensteuer, die zulasten von KA Deka auf in den Geschäftsjahren 2002/2003 bis 2007/2008 gezahlte Dividenden für Aktien niederländischer Gesellschaften einbehalten wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 1985, L 375, S. 3) hatte laut ihrem vierten Erwägungsgrund die Einführung gemeinsamer Mindestregelungen in den Mitgliedstaaten bezüglich der Zulassung, der Aufsicht, der Struktur, der Geschäftstätigkeit sowie der Informationspflichten für die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zum Gegenstand. Die Richtlinie 85/611 wurde mehrfach geändert, bevor sie mit Wirkung vom 1. Juli 2011 durch die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32) neu gefasst und aufgehoben wurde.

Niederländisches Recht

Rz. 4

Die niederländische Regelung der steuerlichen Anlageorganismen (im Folgend...

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