Neu ist das System des Factoring nicht: Bereits die Fugger, ein schwäbisches Kaufmannsgeschlecht, praktizierten eine Art des Factorings bereits gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Einfach ausgedrückt ist Factoring eine Art der Unternehmensfinanzierung, indem ein zahlungskräftiger Partner (Factor) von einem weniger zahlungskräftigen Unternehmen (Factoring-Kunden) dessen kurzfristige Kundenforderungen gegen umgehende Auszahlung des Forderungsbetrags übernimmt. Dafür erhält der Factor einen bestimmten Prozentsatz als Gebühr für seine Leistung, die auch das Risiko eines Forderungsausfalls beinhaltet, welches der Factor alleine trägt. Der Factor ist überwiegend Tochtergesellschaft einer Bank, um über ausreichendes Kapital zu verfügen.
Mit der Zahlungsmoral sowohl von Privat- als auch von Geschäftskunden steht es nicht zum Besten. Die Quote der Nicht- und Spätzahler liegt derzeit zwischen 17 und 18 Prozent, das heißt, fast jeder sechste Kunde bezahlt in Deutschland seine Schulden verspätet oder am Ende gar nicht (Quelle: Bürgel Wirtschaftsinformationen).
Darüber hinaus ist die Bereitschaft der Kreditinstitute nicht merklich gestiegen, mittelständische Unternehmen mit Geschäftskrediten zu versorgen. Dies hat seine Ursache hauptsächlich in den angepassten Bestimmungen im Zuge der Rating-Vorgaben gemäß Basel III. Diese schreiben den Kreditinstituten vor, Ihre ausgegebenen Kredite mit umso mehr Eigenkapital zu hinterlegen, je schlechter die Bonität der Kunden ist, die einen Kredit in Anspruch nehmen. Dies baut für den Mittelstand einen massiven Handlungsdruck auf.
Weil die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Mittelständler in den letzten Jahren nicht signifikant gestiegen ist (Quelle: Deutsche Bundesbank), hält sich damit einhergehend auch die Bonität in entsprechenden Grenzen. Da eine Bank mit ihrem hinterlegten Eigenkapital selber in ihrer Handlung eingeschränkt ist, werden demzufolge neue Kredite zögerlich oder nur unter erschwerten Bedingungen ausgegeben und für bereits bestehende Kredite die Zinsen angehoben. Auf den Punkt gebracht: Mit Klein- und Mittelständischen Unternehmen ist kein sonderlich gutes Geschäft zu machen.
1.1 Funktionsweise des Factorings
Zuerst einmal überprüft der Factor seinen zukünftigen Factoring-Kunden, insbesondere auf dessen Bonität. Dies geschieht beispielsweise über einen Creditreform-Index. Ein Unternehmen mit schlechtem Index bzw. mangelhafter Bonität ist für den Factor verständlicherweise ebenso uninteressant wie für die Bank. Zum einen rechnet sich für den Factor eine kurzfristige Geschäftsbeziehung nicht. Zum anderen steigt das Ausfall-Risiko der angekauften Forderungen sehr stark an, wenn der Lieferant der Waren oder Dienstleistungen, also der Factoring-Kunde, in die Insolvenz gerät.
Factoring ist keine Sanierungsoption
Das Factoring ist also aus dem oben erwähnten Grund keine Sanierungsmöglichkeit für stark angeschlagene Unternehmen. Darüber hinaus kann die kurzfristige Liquidität naturgemäß keinesfalls eine langfristige Verlustentwicklung aufheben oder gar umkehren. Factoring-Unternehmen betrachten die Geschäfts- bzw. Gewinnentwicklung der vergangenen Jahre sehr genau, bevor eine entsprechende Geschäftsbeziehung eingegangen wird.
Ist der Factoring-Kunde generell für den Factor interessant, entsteht folgender Kreislauf (s. Abb. 1).
Abb. 1: Funktionsweise der Beziehung zwischen Factoring-Kunde, Factor und Abnehmer einer Ware oder Leistung
- Der Factoring-Kunde erbringt wie gehabt seine Leistungen (Lieferung von Produkten und/oder Dienstleistungen) gegenüber seinen Abnehmern bzw. Kunden. Ob es sich dabei um Privat- oder Gewerbekunden handelt, spielt keine große Rolle. Je nach Factoring-Verfahren teilt der Factoring-Kunde seinen Abnehmern mit, dass er seine Forderungen an einen Factor abgetreten hat. Die unterschiedlichen Factoring-Verfahren werden nachfolgend mit ihren Vor- und Nachteilen näher erläutert:
- Der Factor kauft die Forderungen seines Kunden an dessen Abnehmer, sobald dieser ihm den entsprechenden Nachweis (Rechnung) übermittelt hat. Der vereinbarte Kaufpreis besteht aus der gesamten Forderungssumme, die auch als sogenannter "Nennwert" bezeichnet wird, abzüglich eines Sicherheitseinbehalts. Zahlt der Kunde seine Rechnung, wird der einbehaltene Betrag abzüglich gegebenenfalls angefallener Skonti oder Nachlässe an den Factoring-Kunden ausgezahlt.
- Der Factor informiert sich über die Bonität der Abnehmer seines Factoring-Kunden. Bei gewerblichen Kunden mit relativ großen Forderungssummen wird die Bonität laufend überwacht, um bei einer Verschlechterung rechtzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Je nach Vertragsart zahlt der Abnehmer an den Factor sehr zeitnah (in der Regel innerhalb von 2 bis 3 Werktagen) und übernimmt auch das Debitorenmanagement, also die Überwachung des Zahlungseingangs sowie gegebenenfalls auch das Anmahnen der Rechnungsbegleichung.
1.2 Der Factoring-Markt
Der deutsche Factoring-Markt ist ein aufstrebender Markt. Der Umsatz im Deutschen Factoring-Verband e. V. (www.factoring.de) lag zuletzt trotz turbul...