Forderungsmanagement – So kommt das Geld schneller auf das Konto
Warum benötigen Unternehmen ein systematisches Forderungsmanagement?
Der Verkauf von Waren oder Leistungen auf Rechnung mit einem Zahlungsziel birgt verschiedene Nachteile und Risiken für Unternehmer. Zunächst geht das Geld, wenn alles ohne Probleme klappt, je nach Zahlungsfrist erst nach z.B. 20 oder 30 Tagen auf dem Konto ein. Wer viel mit dem Ausland zu tun hat, muss oft mit deutlich längeren Zahlungszielen rechnen. Der Rechnungsbetrag muss für diesen Zeitraum vorfinanziert werden, egal ob mit einem Bank- bzw. Kontokorrentkredit oder mit eigenen Mitteln.
Risiken bestehen u.a. darin, dass Kunden zu spät, teilweise oder gar nicht zahlen, was die Liquidität belastet, den Gewinn reduziert und die regulären betrieblichen Abläufe teils empfindlich stört.
2 Beispiele zeigen die möglichen finanziellen Folgen:
- Forderungsausfall: Ein Unternehmen erwirtschaftet bei einem Umsatz von 2 Mio. Euro eine Umsatzrendite von 10 %, also 200.000 EUR. Das Unternehmen muss mit einem Forderungsausfall von „nur“ 1 % vom Umsatz rechnen. Damit sinkt der Gewinn bei sonst unveränderten Bedingungen auf nur noch 180.000 EUR. Um den Forderungsausfall auszugleichen, müsste der Betrieb den Umsatz um 200.000 EUR steigern. Je geringer die Rendite, desto gravierender die Folgen. Bei einer Umsatzrendite von 5 % sinkt der Gewinn von 100.000 EUR auf nur noch 80.000 EUR und die nötige Umsatzsteigerung für eine Kompensation beträgt bereits 20 %. Wer die Zahlen für den eigenen Betrieb berechnen möchte, kann dies z.B. mit dem Forderungsausfallrechner von Creditreform tun.
- Zahlungsverzug: Ein Unternehmen stellt einem Kunden eine Rechnung über 20.000 EUR mit Zahlungsziel von 30 Tagen. Bei z.B. einem Bankzinssatz von 5 % fallen für diesen Zeitraum für die Vorfinanzierung gut 83 EUR Zinsen an. Wenn der Kunde erst nach 48 Tagen zahlt, belaufen sich die Zinsen bereits auf rund 133 EUR.
Unternehmen müssen also versuchen, Forderungsausfälle so weit es geht zu vermeiden und auch den Zahlungsverzug zu reduzieren.
Auch aktuell gesunde Firmen müssen ihr Forderungsmanagement verbessern
Auch wenn Unternehmen derzeit keine Zahlungsprobleme haben, und nicht auf einen zeitnahen Forderungseingang angewiesen sind, sollten sie sich um das Thema kümmern, denn vor allem in der aktuellen schwierigen Wirtschafts- und Gesellschaftslage kann es schnell dazu kommen, dass Kunden künftig weniger kaufen oder eine größere Anzahl bisher eigentlich zuverlässiger Zahler selber Probleme bekommt und sich deren Zahlungsverhalten künftig deutlich verschlechtert. Und Unternehmen müssen ganz allgemein mit weiteren Belastungen rechnen, etwa deutlich höheren Nachzahlungen und Abschlägen für Energie sowie weiter steigende Materialpreise. Es können bisher unbekannte Belastungen entstehen, wenn man z.B., um Engpässen vorzubeugen, mehr Material einkauft als in der Vergangenheit und die Lagerbestände erhöht. Nicht zuletzt haben viele Betriebe noch mit „Altlasten“ aus der Hochzeit von Corona zu kämpfen, etwa weil KfW-Kredite getilgt werden müssen. Diese und ggf. weitere Faktoren bringen auch eigentlich gesunde Unternehmen schnell an ihre Belastungsgrenze.
Diese Bestandteile sollte möglichst jedes Forderungsmanagement enthalten
Zum Forderungsmanagement gehören verschiedene Bausteine. Forderungsmanagement beginnt sehr viel früher, als viele Unternehmer glauben. Im Folgenden werden wesentliche Elemente herausgegriffen und erklärt. Zu jedem Baustein müssen Verantwortlichkeiten und Termine geklärt werden.
Vertragsgestaltung
Der erste Schritt im Forderungsmanagement ist die Gestaltung der Verträge. Diese müssen so gestaltet werden, dass es in der Mehrzahl der Fälle standardisierte Zahlungsbedingungen gibt, dass möglichst viele Kunden also z.B. ein fixes Zahlungsziel von 20 Tagen erhalten. Außerdem sollten maximal mögliche Rabatte und andere Nachlässe festgeschrieben werden. Ausnahmen darf es in engem Rahmen nur für besonders wichtige Kunden geben. Und es müssen standardisierte Sicherheiten vereinbart werden, etwa Eigentumsvorbehalt. Zum Vertragsmanagement gehört auch die richtige Erfassung und kontinuierliche Pflege der Stammdaten, z.B. Kundendaten, Konditionen, Liefervereinbarungen.
Risikoreduzierung
Parallel dazu muss geregelt werden, wie sich die Risiken reduzieren lassen, beispielsweise durch Bonitätsprüfungen von Neu- aber auch von Stammkunden. Auch langjährige Kunden können im Laufe der Zeit Probleme bekommen, die dazu führen können, dass sie Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Unternehmensintern sollte es zum Standard gehören, dass das Zahlungsverhalten von Kunden laufend kontrolliert wird. Abhängig davon können gezielt Kreditlimits vergeben werden. Nur Kunden mit guter Bonität, die immer pünktlich zahlen, sollte der unbegrenzte Kauf auf Rechnung gewährt werden. Kunden mit mittlerer Bonität, die mehrfach auffällig werden, sollten nur bis zu einem bestimmten Limit auf Rechnung kaufen dürfen. Im Extremfall sollte das Limit auf Null gesetzt und auf Vorkasse oder Lastschrift bestanden werden.
Zum Themenkomplex Risikoreduzierung zählen auch Überlegungen ob und welche Forderungen durch eine Ausfallversicherung abgedeckt werden sollen. Und auch Factoring, der Verkauf von Forderungen, kann dazu beitragen, die Risiken für den eigenen Betrieb zu reduzieren. Ausfall- und Verzugsrisiken werden bei den verkauften Forderungen weit gehend vermieden. Und da ein Factor den eigenen Kundenstamm auf Bonität prüft, erhält man auch wichtige Informationen dazu, welche Kunden weniger gut geratet sind und kann die eigenen Zahlungsbedingungen in solchen Fällen verschärfen und z.B. auf Lastschrift umstellen.
Auftragsbearbeitung
Beim Themenkomplex Auftragsbearbeitung geht es vor allem darum, Prüfprozesse zu etablieren und die Umsetzung zu kontrollieren. Beispielsweise müssen Kreditlimits und deren Einhaltung ebenso wie die eine mögliche Lieferfreigabe nach erfolgter Bezahlung geprüft werden. Hinzu kommt, dass bei Bedarf ggf. Verträge angepasst oder nachverhandelt werden müssen. Soweit möglich, sollten möglichst viele Prozesse automatisch ablaufen; manuelle Eingriffe sollten nur bei Problemen erfolgen, etwa, wenn Kunden auf einer anderen Regelung für die Lieferfreigabe bestehen.
Fakturierung
Bei diesem Punkt geht es vor allem darum, festzulegen, wann und in welchen Abständen die eigentliche Rechnungsstellung erfolgen soll. Wie werden Zahlläufe gestaltet? Wie erfolgt die Überprüfung (4-Augen-Prinzip)? Welche Termine bzw. Häufigkeiten soll es geben, z.B. ein- oder mehrmals pro Woche? Wie wird fakturiert, z.B. X- oder Papierrechnungen? Wie sehen hier die Prozesse aus?
Nicht zuletzt muss geprüft werden, ob es im Unternehmen unnötig viele stille Kredittage gibt und wie sie sich verringern lassen. Als stille Kredittage wird der Zeitraum bezeichnet, der zwischen der eigentlichen Leistungserbringung und der Rechnungsstellung liegt. Je länger der Zeitraum, desto später erfolgt die Fakturierung, und desto später natürlich auch der Geldeingang. Die Praxis zeigt, dass eine hohe Zahl an stillen Kredittagen meist durch fehler- oder lückenhafte interne Prozesse zustande kommen. Daher sollte hier der Blick immer nach innen gehen und z.B. festgelegt werden, bis wann alle rechnungsbegründenden Unterlagen der Buchhaltung vorliegen, damit diese die Rechnung so schnell wie möglich erstellen und versenden kann.
Mahnwesen
Und natürlich muss klar geregelt werden, wie man im Unternehmen mit säumigen Kunden umgeht. Grundsätzlich gilt: Konsequent, aber kundenerhaltend mahnen. Das heißt, dass man nicht gleich am ersten Tag Verzug alle gesetzlich möglichen Kosten ansetzt oder sofort mit einem Inkassounternehmen auftreten sollte. Besser ist es, einen abgestuften Mahnprozess einzuführen, bei dem Kunden, die erstmalig auffällig werden, freundlich an die ausstehende Zahlung erinnert werden, z.B. durch einen Telefonanruf oder eine Mail. Erst wenn der Kunde danach auch nicht zahlt, sollten weitere Mahnungen erfolgen und die Kosten und Zinsen berechnet werden. Pro Mahnung können z.B. 5-10 EUR Kosten angesetzt und Kunden dürfen auch Verzugszinsen berechnet werden. Bei Privatkunden 5 % über dem Basiszins der Bundesbank, bei Geschäftskunden 9 %.
Zahlt ein Kunde trotz mehrfacher Mahnung nicht, sollte auch geregelt werden, dass die noch offene Forderung gerichtlich eingetrieben wird. Denn nur dann lässt sich die Verjährung hemmen und der Anspruch auf eine Forderung bleibt bestehen. Mahnungen alleine verhindern die Verjährung nicht. Und man setzt als Unternehmen auch ein Zeichen und schreckt mögliche „Nachahmer“ ab, die evtl. austesten möchten, wie weit man Zahlungsziele ungestraft überziehen kann.
Reklamationsmanagement
Und beim Forderungsmanagement muss geregelt werden, wie man mit Einwänden von Kunden umgeht. Es geht u.a. darum, festzulegen, welche Entscheidungsbefugnisse einzelne Mitarbeiter haben sollen und in welchen Fällen Vorgesetzte eingebunden werden müssen. Zudem sollte erfasst und dokumentiert werden, welche Reklamationen es bisher gegeben hat, welche Lösungen angeboten wurden und wie diese von Kunden aufgenommen worden sind. Hieraus lassen sich wichtige Hinweise für den künftigen Umgang mit solchen Problemen erhalten.
Nicht zuletzt muss geregelt werden, welche Grenzen es für ein Entgegenkommen geben soll, etwa, wenn Kunden sich mehrfach offensichtlich unberechtigt beschweren. Zum Reklamationsmanagement gehören Regelungen, wie man Kunden informiert und ob man später noch einmal nachhaken soll, um in Erfahrung zu bringen, ob der Kunde zufrieden war mit der gefundenen Lösung.
Kommunikation sicherstellen
Damit der Forderungsmanagementprozess funktioniert, müssen alle Beteiligten vollständig über die Inhalte informiert und dazu verpflichtet werden, die Regeln einzuhalten. Es darf beispielsweise nicht vorkommen, dass Mitarbeiter im Vertrieb von den Standardzahlungszielen abweichenden und die Buchhaltung nicht darüber informieren. Lautet das Standardzahlungsziel beispielsweise 20 Tage und der Vertrieb gewährt einem Kunden 30 Tage, wird die Buchhaltung, wenn sie nicht informiert ist, den Kunden zeitnah nach dem Verstreichen der 20 Tage mahnen, was der Kunde zu Recht reklamieren wird. Dann sind Unzufriedenheit und Konflikte praktisch vorprogrammiert.
Am besten ist es, wenn alle Regelungen und Verantwortlichkeiten schriftlich dokumentiert und zentral hinterlegt werden, z.B. im Intranet, damit alle den gleichen Wissensstand haben und so alle Beschäftigten befähigt werden, sich in Sachen Forderungsmanagement richtig zu verhalten.
Fazit und Ausblick
Unternehmen, die auf Rechnung verkaufen und ihren Kunden Zahlungsziele einräumen, gehen Risiken ein, etwa von Verzug oder Ausfall. Ein gutes Forderungsmanagement hilft, diese Risiken auf ein Minimum zu reduzieren. Und es beinhaltet weitaus mehr Aufgaben und Schritte, als viele Unternehmer glauben. Wer z.B. der Ansicht ist, dass eine zeitnahe Rechnungsstellung und ein Mahnwesen ausreichen, irrt. Denn der Prozess beginnt weit früher, mit der Vertragsgestaltung und Risikoprävention. Und das Forderungsmanagement wird nur dann funktionieren, wenn es im Betrieb klare Strukturen, Verantwortlichkeiten und Abläufe gibt.
Ein gutes Forderungsmanagement ist mit der wichtigste Baustein, um die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens auch künftig zu sichern. Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass sich die Zahlungsmoral quasi wöchentlich verschlechtert, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Creditreform.
Und es betrifft auch Firmen, denen es im Moment noch gut geht, weil sich in der aktuellen kritischen Weltlage die Dinge schnell zum Negativen entwickeln können. Und ohne ein gutes Forderungsmanagement kann es trotz eigentlich guter Positionierung am Markt schnell zu finanziellen Schieflagen kommen. Daher sollte der bestehende Forderungsmanagementprozess einmal pro Jahr daraufhin geprüft werden, ob Veränderungen notwendig sind.
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