Leitsatz

1. Der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts i.S.d. § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist Grundlagenbescheid für die Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlusts eines Kommanditisten gem. §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO.

2. Eine Anlage ESt 1, 2, 3 B (V), die sich auf die bloße rechnerische Ermittlung des verrechenbaren Verlusts beschränkt, enthält keine Feststellung des verrechenbaren Verlusts und ist deshalb nicht hinreichend bestimmt.

 

Normenkette

§ 15a Abs. 4 EStG, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO

 

Sachverhalt

Für eine GmbH & Co. KG hatte das FA Gewinnfeststellungsbescheide erlassen, wobei sich bei einem Kommanditisten Verlustanteile ergaben, die seine Einlage überstiegen. Eine gesonderte Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15a Abs. 4 EStG fand nicht statt.

Nach einer Betriebsprüfung erging ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid, mit dem auch ein geringerer Verlustanteil des Kommanditisten festgestellt wurde. In der Anlage zu dem Änderungsbescheid hieß es, die Feststellungen zu § 15a EStG seien aus der Anlage ESt 1, 2, 3 b (V) zu ersehen, welche dem Bescheid aber nicht beigefügt war. Einige Wochen später übermittelte der Betriebsprüfer dem Empfangsbevollmächtigten der KG eine Kurzmitteilung, der die Anlagen ESt 1, 2, 3 b (V) zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts beigefügt waren.

Die nach erfolglosem Einspruch gegen den Änderungsbescheid erhobene Klage der KG auf Aufhebung des Änderungsbescheids wegen Fehlens einer Regelung zu § 15a EStG hatte keinen Erfolg. Nach Meinung des FG fehlte der KG die Klagebefugnis, weil sie weder die Höhe des Gewinns beanstande noch Feststellungen zu § 15a Abs. 4 EStG in dem Bescheid enthalten seien.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück.

Wenn die Feststellung des verrechenbaren Verlusts mit dem Gewinnfeststellungsbescheid verbunden werde, sei die Gesellschaft klagebefugt. Sie könne dann die materielle Beschwer der Gesellschafter geltend machen, auch soweit diese die Minderung eines ausgleichsfähigen Verlusts eines Gesellschafters betreffe.

Die Klagebefugnis fehle auch nicht deswegen, weil die KG einen Folgebescheid angreife. Der Gewinnfeststellungsbescheid sei in Bezug auf die Feststellung des ausgleichsfähigen Verlusts des Gesellschafters Folgebescheid zum Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts. Ein solcher Bescheid sei im Streitfall aber nicht ergangen. Denn die mit Kurzmitteilung übersandten Anlagen seien nicht hinreichend bestimmt und deshalb nichtig.

 

Hinweis

1. Der BFH hatte bereits in einer früheren Entscheidung gesagt, dass die Bescheide über die gesonderte Gewinnfeststellung einer KG und über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts des Kommanditisten wechselseitig zueinander im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid i.S.v. §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Nr. 1 AO stehen (BFH, Urteil vom 8.5.1995, III B 113/94, BFH/NV 1995, 971). Die damalige Entscheidung war aber kein Revisionsurteil und deshalb noch keine allgemein bindende Entscheidung. Dies ist mit dem hiesigen Urteil nachgeholt worden.

In dem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO wird zunächst bindend über die Höhe des Verlusts und dessen Verteilung auf die Gesellschafter entschieden. Aus dem Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG ergibt sich, ob und inwieweit ein auf einen Kommanditisten entfallender Verlustanteil als nur verrechenbar oder voll ausgleichsfähig zu behandeln ist. Dies ist wiederum Grundlage für die Feststellung des ausgleichsfähigen Verlustanteils des Kommanditisten bei Verteilung der Einkünfte der KG.

Es überrascht in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber den Ort für die Ermittlung des ausgleichsfähigen Verlusts nicht ausdrücklich geregelt hat. Denkbar wäre auch, dass die betreffende Rechenoperation erst bei der ESt-Veranlagung vorgenommen wird. Die Auslegung des Gesetzes durch den BFH ist jedoch vorzugswürdig, weil sie dem Wohnsitz-FA die Last abnimmt, aus zwei Bescheiden (Gewinnanteil des Kommanditisten und verrechenbarer Verlust) den für die ESt bedeutsamen ausgleichsfähigen Verlust zu errechnen.

2. Reiner Zufall wollte es, dass kurz nacheinander zwei Senate kritisch zu der äußeren Gestaltung der Bescheide im Zusammenhang mit § 15a EStG Stellung genommen haben. Im Urteil vom 11.7.2006, VIII R 10/05 (BFH-PR 2006, 453) hatte der VIII. Senat einen nicht vollständig ausgefüllten Vordruck ESt 1, 2, 3, B beanstandet und die Wirksamkeit der Feststellung eines verrechenbaren Verlusts verneint. Im hiesigen Fall war der Vordruck, in dem der verrechenbare und ausgleichsfähige Verlust berechnet wird, dem Gewinnfeststellungsbescheid nicht beigefügt gewesen, sondern auf unüblichem Weg mit Kurzmitteilung nachgeliefert worden. Auch dies hält der BFH nicht für ausreichend.

Die Finanzverwaltung sollte die beiden Urteile zum Anlass nehmen, die Vordrucke für die Feststellungen im Zusammenha...

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