Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Ein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand wird nur dann verwirklicht, wenn ein inländisches Grundstück betroffen ist. Es spielt aber keine Rolle, wer die Person des Erwerbers ist, welche rechtliche Struktur sie hat oder wo sie ihren Sitz hat.
Insbesondere fingierte Grundstückserwerbe nach § 1 Abs. 2a oder 3 GrEStG können Grundstücke zum Gegenstand haben, die ausländischen Eigentümern gehören. Da auch mittelbare Gesellschafterwechsel oder Anteilsvereinigungen bei ausländischen Gesellschaften die Steuer auslösen, schulden häufig die ausländischen Gesellschaften die Steuer. Kommt eine breite Streuung des inländischen Grundbesitzes auf die Bezirke mehrerer Finanzämter hinzu, stellt bereits die Ermittlung der Zuständigkeit für die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen die Verwaltung vor erhebliche Probleme.
Mittelbare Anteilsvereinigung bzw. -übertragung
Mittelbare Anteilsvereinigungen sind möglich bei Anteilsgeschäften, die unter § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG fallen. In Fällen der mittelbaren Anteilsvereinigung bzw. -übertragung ist – mit Ausnahme der Konzern- und Organschaftsfälle- die gesonderte Feststellung durch das Finanzamt durchzuführen, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, deren Anteile vereinigt oder übertragen werden sollen und zu deren Vermögen das Grundstück gehört.
Anteilsübertragung i. H. v. 10 %
An der A-AG, die in den Bezirken mehrerer Finanzämter Grundbesitz hat, ist die natürliche Person N zu 70 % beteiligt. N hält außerdem 100 % der Anteile an der A-GmbH, die ihrerseits 10 % der Anteile an der A-AG hält. N erwirbt nun von U dessen Anteile von 10 % an der A-AG.
Anteilsübertragung (10 %)
Quelle: BStBl 2016 I S. 282
Lösung:
Zuständig für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, deren Anteile vereinigt oder übertragen werden, hier also das Finanzamt, in dessen Bezirk die A-AG ansässig ist.
Vollständige Anteilsübertragung
Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt. Letztere ist wiederum zu 100 % an der grundbesitzenden C-GmbH beteiligt. Die C-GmbH hält 90 % der Anteile der D-GmbH, die wiederum zu 90 % an der grundbesitzenden E-GmbH beteiligt ist. Die A-GmbH überträgt sämtliche Anteile an der B-GmbH auf die X-GmbH.
Anteilsübertragung (100 %)
Quelle: BStBl 2016 I S. 282
Lösung:
Bei der X-GmbH findet durch die unmittelbare Übertragung der Anteile an der B-GmbH eine mittelbare Übertragung der vereinigten Anteile in Bezug auf die grundbesesitzende C-GmbH und die grundbesitzende E-GmbH statt. Die Grundstücke der E-GmbH und C-GmbH sind dabei im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG grunderwerbsteuerlich der B-GmbH zuzurechnen. Für die Übertragung der Anteile an der B-GmbH ist demnach nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG für die gesonderte Feststellung ausschließlich das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der B-GmbH befindet.
Anzeige bei örtlich unzuständigem Finanzamt
Wenn der Rechtsvorgang einem i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG örtlich unzuständigen Finanzamt angezeigt wird, hat dieses den Vorgang unmittelbar und umgehend an das zuständige Finanzamt mit der Bitte um Durchführung einer gesonderten Feststellung zu übersenden.
Fälle mit mehrstufigen, mittelbaren Anteilsveräußerungen (Konzern- und Organschaftsfälle)
In Fällen mit mehrstufigen, mittelbaren Anteilsvereinigungen bzw. -übertragungen (Konzern- und Organschaftsfälle) bietet sich im Einvernehmen mit den zuständigen Finanzämtern bei Zustimmung des Steuerpflichtigen an, die gesonderte Feststellung durch das Finanzamt vornehmen zu lassen, in dessen Bezirk sich die oberste Konzernebene oder Organmutter (vgl. nachfolgende Beispiele) befindet. Ist dieser Ort jedoch im Ausland und verfügt der Konzern bzw. Organkreis im Inland noch über einen mehrstufigen Aufbau, ist im Einvernehmen mit den zuständigen Finanzämtern bei Zustimmung des Steuerpflichtigen die gesonderte Feststellung durch das Finanzamt durchführen zu lassen, in dessen Bezirk sich die oberste inländische Entscheidungsebene befindet.
Organschaftsverhältnis – eine Organtochter
Die H-GmbH (Organmutter) ist zu 70 % an der X-GmbH (Organtochter) beteiligt; letztere ist zu 75 % an der grundbesitzenden G-GmbH beteiligt.
Die W-AG hält 100 % der Anteile an der Z-GmbH, welche zu 25 % an der grundbesitzenden G-GmbH beteiligt ist. Die H-GmbH (Organmutter) wird unter Fortführung des Organschaftsverhältnisses auf die W-AG verschmolzen.
Organschaft und Verschmelzung
Quelle: BStBl 2016 I S. 282
Lösung:
Zuständig für die gesonderte Feststellung ist nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der G-GmbH befindet. Unter den Voraussetzungen des § 27 AO ist die gesonderte Feststellung durch das (andere) Finanzamt durchzuführen, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der W-AG befindet.
Organschaftsverhältnis – zwei Organtöchter
Die H-GmbH (Organmut...