rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterprüfung 1992

 

Tenor

1. Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache werden die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt.

2. Der Streitwert wird auf 1.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger (Kl) nahm an der Steuerberaterprüfung 1992 teil. Der Prüfungsausschuß für Steuerberater bei dem … bewertete die schriftlichen Arbeiten des Kl mit der Gesamtnote 4,83; der Kl wurde daher mit Verwaltungsakt vom 31.12.1992, der dem Kl am 2.1.1993 zugestellt wurde, dahingehend beschieden, daß er die Prüfung nicht bestanden habe.

Am 2.2.1993 erhob der Kl Klage, mit der er Einwendungen gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen geltend machte und die Durchführung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens begehrte (Schriftsatz vom 3.2.1994). Das verwaltungsinterne Kontrollverfahren führte allerdings nicht zu einer Änderung der Bewertung der Prüfungsarbeiten. Diese Ergebnis teilte die beklagte Behörde dem Kl mit Schriftsatz vom 28.2.1995 unter Beifügung der Stellungnahmen der Prüfer mit.

Daraufhin erklärte der Kl den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Dieser Erklärung schloß sich der Beklagte an, und beantragte außerdem, etwaige Kosten dem Kl aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Rechtsstreit hat sich durch übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten in der Hauptsache erledigt.

Es entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands (§ 138 Abs. 1 FGO), die Verfahrenskosten der Behörde in vollem Umfang aufzuerlegen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Die gegenwärtige gesetzliche Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens in der Steuerberaterprüfung genügt – wie auch die beklagte Behörde nicht verkennt – nicht in vollem Umfang den vom Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 17. April 1991 1 BvR 419/81 und 213/83 (BVerfGE 84, 34) aufgestellten Anforderungen. Das verfassungsrechtliche Gebot, dem Prüfling durch entsprechende Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens die Möglichkeit an die Hand zu geben, substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen bei der Prüfungsbehörde rechtzeitig und wirkungsvoll vorzubringen und derart ein „Oberdenken” dieser Bewertung unter maßgeblicher Beteiligung der ursprünglichen Prüfer zu erreichen, hat nach der Rechtsprechung (vgl. den BFH-Beschluß vom 10. August 1993 VII B 68/93, BStBl II 1994, 50 in Anschluß an das Urteil des BVerwG vom 24. Februar 1993 6 C 35/92, BVerwGE 92, 132 = NVwZ 1993, 681) die Einrichtung – übergangsweise sogar ohne einfach gesetzliche Grundlage (BVerwGE 92, 132 – S. 144 –) – eines gegenüber dem gerichtlichen Verfahren eigenständigen verwaltungsinternen Kontrollverfahrens zu Folge. Dieses verwaltungsinterne Kontrollverfahren wird nicht etwa dadurch entbehrlich oder „überholt”, daß der Prüfling, um nicht durch Versäumung der einmonatigen Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes überhaupt zu verlieren, notgedrungen noch vor Beendigung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens gegen die Prüfungsentscheidung mit einer finanzgerichtlichen Klage vorgeht. Der Fortgang des gerichtlichen Verfahrens und die sodann zu stellenden sachgerechten Anträge hängen von dem Ausgang des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens ab. Dies liegt dann auf der Hand, wenn die Einwände des Prüflings gegen die prüfungsspezifischen Wertungen seiner Prüfungsleistungen – ganz oder teilweise – Erfolg haben und damit zu einer Änderung des Prüfungsergebnisses führen: Ein weiteres Prozessieren erübrigt sich; der Prüfling wird daher tunlich den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Aber auch dann, wenn das verwaltungsinterne Kontrollverfahren zwar nicht zu einer Änderung des Prüfungsergebnisses führt, der Prüfling sich jedoch von dem Ergebnis des „Überdenkens” überzeugen läßt und die Prüfungsentscheidung nunmehr akzeptiert, hat das von ihm eingeleitete Gerichtsverfahren die ihm zugedachte Funktion, nämlich den Eintritt der Bestandskraft der Prüfungsentscheidung (jedenfalls) bis zum Abschluß des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens zu hindern, vollständig erfüllt. Erhebt der Prüfling nämlich – wie im Streitfall – Einwendungen gegen die prüfungsspezifischen Wertungen seiner Prüfungsleistungen, so ist erst nach Durchführung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens das Prüfungsverfahren materiell und formell abgeschlossen; erst von diesem Zeitpunkt an stellt sich daher für den Prüfling sachlogisch die Frage, ob er die Prüfungsentscheidung akzeptieren oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen soll. Die Notwendigkeit, noch vor Beendigung des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens Klage zu erheben, um der Möglichkeit gerichtlichen Rechtschutzes durch Versäumung der Klagefrist nicht verlustig zu gehen, gründet ausschließlich in der mangelhaften Anpassung des gesetzlich normierten Verwaltungsverfahrens in der Steuerberaterprüfung an das verfassungsrechtlich Gebotene. Dieses Regelungsdefizit ist jedoch der Sphäre ...

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