Entscheidungsstichwort (Thema)
Haushaltszugehörigkeit eines Kindes bei Getrenntleben der Mutter und des Stiefvaters; Kindergeldberechtigung des Stiefvaters nach Trennung; Wirksamkeit eines Rückforderungsbescheides bei Weiterleitung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Kind gehört zum Haushalt des Berechtigten, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird. Neben dem örtlichen Merkmal (Familienwohnung) müssen mithin Merkmale materieller Art (Vorsorge, Versorgung und Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines familiären Bandes) hinzukommen.
2. Einschränkende Auslegung des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG: Die Kindergeldberechtigung eines Stiefvaters entfällt, wenn er sich von der Mutter der Kinder -seiner Ehefrau-- trennt.
3. Die in den BMF-Schreiben vom 30.6.1997, 25.8.1997 und vom 9.4.1998 (BStBl I 1997, 654, 797 und BStBl I 1998, 386) unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehene Erfüllungswirkung eines Kindergelderstattungsanspruchs bei Weiterleitung des zu Unrecht vereinnahmten Kindergeldes an den Berechtigten berührt nicht die Wirksamkeit eines Rückforderungsbescheids, sondern stellt eine Billigkeitsregelung i.S. des § 163 AO 1977 dar.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1, § 32 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist die Rückforderung von Kindergeld.
Der Kläger ist Vater von drei Kindern aus seiner mit O... P... am 23. Oktober 1989 geschiedenen ersten Ehe. Am 13. Mai 1994 heiratete er die Beigeladene B... M..., geb. W... die zwei Kinder in die Ehe einbrachte, Jasmin M..., geb. am 06. Oktober 1990 und Andreas M... geb. am 20. Februar 1992. Von seiner zweiten Ehefrau ist der Kläger ebenfalls geschieden.
Die Beklagte gewährte dem Kläger für seine beiden Stiefkinder Kindergeld. Aufgrund einer Mitteilung der Familienkasse ... (Schreiben vom 25.06.1997), wonach die Beigeladene dort Kindergeld wegen Trennung vom Kläger beantragt hatte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juli 1997 das Kindergeld für die Stiefkinder ab 01. August 1997 auf 0 DM fest Aufgrund einer weiteren Mitteilung der Familienkasse ... (Schreiben vom 07.07.1997), wonach die Beigeladene bereits seit 30. Juni 1996 vom Kläger getrennt lebe und die Kinder seither im Haushalt ihrer Mutter wohnten, forderte die Beklagte sodann mit weiterem Bescheid vom 09. Dezember 1997 das für die Stiefkinder ausbezahlte Kindergeld für die Zeit von 01. Juli 1996 bis einschließlich Juli 1997 in Höhe von (13 × 350 DM × 2 =) 9.100 DM zurück.
Der Einspruch, den der Kläger damit begründete, daß er das Kindergeld für die Stiefkinder an ihre Mutter weitergeleitet habe (Schreiben vom 14. Januar 1998) blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 19. September 1998 wies die Beklagte darauf hin, daß mit dem Ausscheiden der Stiefkinder aus dem Haushalt des Klägers die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch entfallen seien und der Kläger hierüber auch ausführlich unterrichtet worden sei. Auch sei eine schriftliche Erklärung der Beigeladenen, daß sie das Kindergeld ab dem 01. Juli 1996 in voller Höhe laufend bis zur erstmaligen Zahlungsumstellung erhalten habe, trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die am 22. Oktober 1998 bei der Beklagten eingegangene Klage, die diese gemäß § 47 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an das Gericht weitergeleitet hat. Zur Begründung trägt der Kläger vor, daß die beiden Stiefkinder tatsächlich bis zum 30. September 1996 bei ihm gewohnt hätten. Zuvor hätten sie sich nur wenige Tage im Hause des Lebensgefährten der Beigeladenen aufgehalten. Es sei zwar richtig, daß er ab Juli 1996 bereits Kindergeld an die Beigeladene weitergeleitet habe. Diese Zahlungen seien deshalb erfolgt, weil die Beigeladene sich von ihm zu diesem Zeitpunkt offiziell getrennt gehabt hätte. Eine Aufhebung des Kindergeldes könne somit allenfalls frühestens zum 01. Oktober 1996 erfolgen.
Im übrigen weist der Kläger darauf hin, daß er ab Juli 1996 bis Juni 1997 monatlich 450 DM Kindergeld an die Beigeladene bezahlt bzw. weitergeleitet habe. Zu diesem Zweck legte er Überweisungsträger vom 10. Januar 1997, 28. Oktober 1996 und 06. Juni 1997 vor.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Rückforderungsbescheid über 9.100 DM vom 09. Dezember 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. September 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen, wonach die Stiefkinder noch bis zum 30. September 1996 seinem Haushalt angehört hätten. Sie verweist insoweit auf den Antrag auf Zahlung des Kindergeldes durch die Beigeladene, in dem diese als Datum der Trennung den 30. Juni 1996 angebe. Für den Auszug der Kinder spreche auch, daß der Kläger bereits ab Juli 1996 450 DM pro Monat Kindergeld an seine Ehefrau weitergeleitet habe. Dieser Betrag entspreche allerdings nicht der vollen Kindergeldhöhe, da für die Stiefkinder jeweils monatlich 350 DM Kindergeld bezahlt worden sei.
Bei Berecht...