Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung für einen Zeitraum, der vor einem Zeitpunkt liegt, zudem zuvor schon eine Änderung aus denselben Gründen erfolgt ist
Leitsatz (redaktionell)
Hebt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung ab einem bestimmten Monat bestandskräftig auf, obwohl der Kindergeldanspruch bereits für weiter zurückliegende Monate nicht mehr bestanden hat, kann die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den früheren Zeitraum nicht aus demselben Grund - wie bei der fehlerhaften, weil zu späten Aufhebung- noch nachträglich gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufheben.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 2, 3 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (Bekl) die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum April 1998 bis Juli 1999 aufheben durfte, nachdem zuvor schon aus den selben Gründen die Kindergeldfestsetzung ab August 1999 aufgehoben worden war.
Der Kläger (Kl) und seine mittlerweile von ihm geschiedene Ehefrau sind die Eltern des am … 1987 geborenen Kindes …. Am 1.04.1998 zog die Mutter mit ihrer Tochter … aus der bis dahin gemeinsam mit dem Kl bewohnten Wohnung aus. Der Kl erhielt bis einschließlich Juli 1999 für seine Tochter das Kindergeld. Der Bekl wurde am 28.07.1999 durch die Mutter darüber unterrichtet, dass sie gemeinsam mit ihrer Tochter am 1.04.1998 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen war. Mit Bescheid vom 03.08.1999 hob der Bekl daraufhin die Festsetzung des Kindergelds gegenüber dem Kl mit Wirkung ab August 1999 auf. Nach § 64 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) werde für jedes Kind nur einer Person Kindergeld gezahlt. Lebe das Kind nicht im gemeinsamen Haushalt der Eltern, so sei eine Berechtigtenbestimmung grundsätzlich unzulässig. Das Kindergeld erhalte derjenige Elternteil, in dessen Haushalt das Kind aufgenommen worden sei. Sei das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhalte nach § 64 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 3 EStG derjenige das Kindergeld, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahle. Da die Tochter … in den Haushalt des anderen Elternteils aufgenommen sei, könne an den Kl kein Kindergeld gezahlt werden.
Mit Bescheid vom 22.11.1999 hob der Bekl die Kindergeldfestsetzung für das Kind … ab April 1998 mit dem Hinweis auf, der Betrag in Höhe von insgesamt 3.730 DM für die von April 1998 bis Juli 1999 geleisteten Kindergeldzahlungen sei nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu erstatten. Der Bekl begründete die Kindergeldrückforderung damit, dass nach seinen Feststellungen der Kl das Kindergeld für die Tochter … nicht an die geschiedene Ehefrau des Kl weitergeleitet habe.
Gegen den Aufhebungsbescheid vom 22.11.1999 wandte sich der Kl mit beim Bekl am 26.11.1999 eingegangenem Einspruch. Der Bekl wies mit Einspruchsentscheidung vom 11.02.2000 den Einspruch als unbegründet zurück. Für jedes Kind werde nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Bei mehreren Berechtigten erhalte das Kindergeld derjenige, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzungen für die Zahlung des Kindergeldes seien beim Kl nicht erfüllt, weil eine Haushaltsaufnahme beim anderen Elternteil vorliege. Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung sei § 70 Abs. 2 EStG. Danach sei die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben, soweit in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes erheblich seien, Änderungen eingetreten seien. Die Aufhebung habe mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also ggf. auch rückwirkend zu erfolgen. Ein Ermessensspielraum stehe der Familienkasse nicht zu. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Hiernach sei eine Steuervergütung zu erstatten, soweit sie ohne rechtlichen Grund gezahlt worden sei. Dies sei vorliegend der Fall, weil ein Anspruch nicht bestand und die Kindergeldfestsetzung deshalb aufgehoben worden sei. Die Erstattungsforderung sei zutreffend berechnet worden. Die Höhe der Forderung von 3.730 DM errechne sich aus den Zahlungen im streitigen Zeitraum April 1998 bis Juli 1999.
Mit beim Finanzgericht (FG) am 13.03.2000 eingegangener Klage wendet sich der Kl gegen die Anordnung der Erstattung des Kindergelds für den Zeitraum April 1998 bis Juli 1999 im wesentlichen mit der Begründung, daß er hinsichtlich des von ihm zurückgeforderten Kindergeldbetrages entreichert sei, da das Kind … dasjenige Kindergeld erhalten habe, das ihm zustehe. Der Kl habe die dem Kind … zustehende Hälfte des Kindergelds jeweils sofort an die Mutter des Kindes, Frau … ausbezahlt. Vom Kl könne nicht nochmals der Betrag gefordert werden, den er bereits an die sorgeberechtigte Mutter weitergeleitet habe.
Der Kl beantragt sinngemäß,
wie erkannt
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 EStG sei derjenige kindergeldberechtigt, der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen habe. Dieser erhalte danach das gesamte Kindergeld. Der Ausgleich beim barunterhaltspflichtigen Elternteil erfolge über das zivilrechtliche Unt...