rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung zur Steuerberaterprüfung 1998

 

Tenor

1. Der bei der beklagten Behörde bestehende Zulassungsausschuß für Steuerberater wird verpflichtet, den Kläger zur Steuerberaterprüfung 1998 zuzulassen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Behörde kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des festzusetzenden Erstattungsbetrags Sicherheit leistet

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl) legte im Jahre 1995 an der … Universität … die Diplomprüfung für Kaufleute mit der Gesamtnote „gut” ab. Unter den Beteiligten ist unstreitig, daß der Kl damit „ein wirtschaftswissenschaftliches oder anderes Universitätsstudium mit wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtung mit einer Regelstudienzeit von jeweils mindestens acht Semestern” im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) abgeschlossen hat. Die letzte der nach der Prüfungsordnung („Ordnung für die Diplomprüfung im Studiengang Betriebswirtschaftslehre der … Universität … vom 20. Februar 1985 in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1991 – PrüfO –) anzufertigenden Klausurarbeiten schrieb der Kl am 28.7.1995. Mitte September 1995 wurden die vom Kl in den einzelnen Klausurarbeiten erreichten Noten bekanntgegeben, und zwar durch Aushang am „Schwarzen Brett” unter der Matrikelnummer des Kl. Von der nach § 21 Abs. 3 der PrüfO gegebenen Möglichkeit, sich auf Antrag von der mündlichen Prüfung befreien zu lassen, machte der Kl in sämtlichen Prüfungsfächern bis auf das Fach Statistik Gebrauch. In diesem Prüfungsfach hatte der Kl in der Klausurarbeit die Note „gut” erzielt. Die mündliche Prüfung in dem Prüfungsfach Statistik fand am 24.10.1995 statt; der Kl erreichte im Prüfungsfach Statistik nunmehr die Fachnote (§ 23 Abs. 2 PrüfO) „sehr gut”. Das Prüfungszeugnis über das Bestehen der Diplomprüfung datiert vom 24.10.1995. Der Prüfungsausschuß der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der … -Universität … bestätigte dem Kl mit Schreiben vom 20.5.1998, daß dem Prüfungsamt sämtliche zum Bestehen des Examens erforderlichen Leistungen Mitte September 1995 vorgelegen hätten.

Unter den Beteiligten ist ebenfalls unstreitig, daß der Kl bereits seit August 1995 hauptberuflich auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern praktisch tätig ist. Gegenwärtig arbeitet der Kl bei der … GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in …

Der Kl beantragte im März 1998 die Zulassung zur Steuerberaterprüfung 1998, deren schriftlicher Teil am 6.10.1998 begann. Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuß für Steuerberater beim Finanzministerium … jedoch ab. Die Entscheidung wurde dem Kl mit Schreiben vom 15.6.1998, auf das Bezug genommen wird, bekanntgegeben.

Der Kl führte am 14.7.1998 Klage. Gleichzeitig beantragte er, im Wege der einstweiligen Anordnung die beklagte Behörde zu verpflichten, den Kl vorläufig zur Steuerberaterprüfung 1998 zuzulassen. Diesem Antrag gab der erkennende Senat mit Beschluß vom 22.7.1998 4 V. 34/98, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, statt. Am 17.8.1998 ließ die beklagte Behörde den Kl vorläufig zur Steuerberaterprüfung 1998 zu.

Mit der Klage bringt der Kl im wesentlichen vor:

Noch vor Beginn des schriftlichen Teils der Steuerberaterprüfung 1998 am 6.10.1998 habe er die Voraussetzungen einer dreijährigen Berufspraxis erfüllt. Die von § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG geforderte berufspraktische Tätigkeit müsse nach Abschluß des Studiums abgeleistet werden. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung sei in zeitlicher Hinsicht für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „Abschluß des Studiums” spätestens auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem die zuständige Stelle feststelle, daß der Bewerber die vorgesehene Abschlußprüfung bestanden habe. Bereits Mitte September 1995 seien aber offiziell die für das Bestehen der Prüfung erforderlichen schriftlichen guten Noten bekanntgegeben worden, die den Kl in den Stand gesetzt hätten, sich in sämtlichen Prüfungsfächern von der mündlichen Prüfung befreien zu lassen. Damit habe festgestanden, daß der Kl die vorgesehene Abschlußprüfung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG bestanden hatte. Die Teilnahme an der mündlichen Prüfung im Prüfungsfach Statistik sei „freiwillig” erfolgt, um eine Verbesserung der Note zu erreichen. Für den vollständigen Vortrag des Kl wird auf den Schriftsatz vom 10.7.1998 einschließlich der beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Der Kl stellt den Antrag,

unter Aufhebung des Bescheids des Finanzministeriums … vom 15.6.1998 das beklagte Finanzministerium zu verpflichten, den Kl zur Steuerberaterprüfung 1998 zuzulassen.

Der Beklagte beantragt dagegen,

die Klage abzuweisen.

Die Behörde bestreitet nicht, daß bereits Mitte September 1995 das Bestehen des Examens festgestanden habe. Nach Auffassung der Behörde kommt es darauf aber nicht an. § 36 StBerG differenziere zwischen dem „Abschluß” eines Studiums (Abs...

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