Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietungsabsicht bei einer zunächst leerstehenden und später zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (amtlich)
1. Der Abzug vorweggenommener Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige anhand objektiver Umstände belegen kann, dass er im zu beurteilenden Veranlagungszeitraum den endgültigen Entschluss gefasst hatte, durch die Vermietung des Objektes Einkünfte zu erzielen.
2. Eine spätere Aufgabe der Vermietungsabsicht auf Grund neuer Umstände kann keinen rückwirkenden Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht begründen.
Normenkette
EStG 1997 § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuer-Bescheid 1998 vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird dahingehend geändert, dass das zu versteuernde Einkommen um … DM vermindert wird. Die Festsetzung der Einkommensteuerschuld wird dem Beklagten aufgegeben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestesetzungsbeschluss errechneten Betrags Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl) im Veranlagungsjahr 1998 Vermietungsabsicht hatte.
Der 1942 geborene und im Streitjahr ledige Kl erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom … 1998 die im Dachgeschoss des Gebäudes … in … gelegene 84,85 m² große Eigentumswohnung Nr. 8 zum Kaufpreis von insgesamt … DM. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Kaufvertrags wird auf ihn Bezug genommen (abgeheftet in den Eigenheimzulage-Akten des Beklagten –Bekl–).
In seiner am … beim Bekl eingereichten Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1998 machte der Kl in einer Anlage V für vorstehende Wohnung Schuldzinsen als Werbungskosten (WK) in Höhe von (50 % aus … DM =) … DM geltend. Als Anlage zur Anlage V fügte er zwei Jahresinformationen 1998 der … für die Darlehen Nr. … und … bei, wonach ihm in 1998 Aufwendungen für zwei Disagien in Höhe von jeweils … DM entstanden seien. In einer weiteren Anlage führte er aus, dass die Wohnung im März 2000 bezugsfertig gewesen sei und seit … März 2000 zur Hälfte (42,42 m²) vermietet werde. Der eigengenutzte Anteil liege bei 42,43 m². Die Höhe der Miete betrage … DM (Kaltmiete). Auf den vermieteten Anteil entfielen von den Disagien 50 %.
Darüber hinaus legte er nach Aufforderung durch den Bekl einen Mietvertrag vom … März 2000 zwischen ihm – dem Kl – und … vor. Danach vermietet der Kl an … in seiner Wohnung im … in … zwei Zimmer und gestattet die Mitbenutzung der Abstell-Kammer, der Küche, der Toilette mit Bad/Dusche/WC, des Balkons sowie eines Gartenanteils. Das Mietverhältnis beginnt nach dem Vertrag am … März 2000. Die Miete beträgt monatlich … DM. Neben der Miete sind nach der vertraglichen Regelung Nebenkosten für Heizung und Warmwasser von insgesamt … DM zu entrichten. Bei den Nebenkosten handelt es sich – so die vertragliche Regelung – um einen festen Betrag. Die Gesamtmiete ist monatlich am 15. des Monats auf ein Konto des Kl bei der … zu überweisen. Hierzu wurden vom Kl Kontoauszüge über den Eingang von Mietzahlungen von … im Jahr 2000 vorgelegt. Weiter reichte er vier Kreditverträge zwischen ihm – dem Kl – und der … vom … 1998 (Kontonummern …) ein. Wegen der Einzelheiten des Inhalts vorstehend benannter Unterlagen wird auf sie Bezug genommen (Bl. 19–31 der ESt-Akten des Bekl, Sektion 1998).
Im ESt-Bescheid für 1998 vom … blieben die vom Kl geltend gemachten WK in Höhe von … DM vom Bekl unberücksichtigt. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid führte der Bekl aus, dass die Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht anerkannt werden könnten, da Zweifel bestünden, ob ein ernsthaft vereinbartes Mietverhältnis bestehe.
Hiergegen richtete sich der Einspruch des Kl vom …, der mit Einspruchsentscheidung des Bekl vom … als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Mit beim Bekl am … eingegangenem Antrag auf Eigenheimzulage (EigZul) ab dem Jahr 2000 machte der Kl geltend, dass von seiner Wohnung 50,59 % der Wohnfläche eigengenutzt würden und dafür EigZul zu gewähren sei. Mit Bescheid über EigZul ab 2000 vom … wurde dem Kl EigZul in Höhe von … DM jährlich gewährt.
Mit seiner Klage vom … trägt der Kl vor, dass der Bekl zu Unrecht die anteilige Berücksichtigung eines Disagios, das im Zusammenhang mit der Finanzierung seiner Wohnung angefallen sei, als vorweggenommene WK abgelehnt habe. Bei der Mieterin, …, handele es sich nicht um seine Lebensgefährtin, sondern um eine Freundin. Der Bekl verkenne, dass sich in der heutigen Zeit vielfach Menschen eine Wohnung teilten, die eindeutig keine Lebensgefährten im engeren Sinne seien. Allein in Tübingen seien Hunderte, wenn nicht gar Tausende Wohngemeinschaften zu verzeichnen. De...