rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterung des Prüfungszeitraums wegen zu erwartender „nicht unerheblicher Steuernachforderungen”. Bekanntgabe der erweiternden Prüfungsanordnung erst bei Prüfungsbeginn. Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung einer Außenprüfung für das Jahr 1991

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das FA hat den Prüfungszeitraum für eine Außenprüfung zulässig wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen –§ 4 Abs. 2 Satz 2 BpO(St) vom 27.4.1978, BStBl I. 1978, 195– erweitert, wenn bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über die Erweiterungs-Prüfungsanordnung vom Prüfer erhebliche Gewinnerhöhungen aus ungeklärten Geldzuflüssen im ursprünglichen Prüfungszeitraum festgestellt worden sind und dies auch im erweiteren Prüfungszeitraum zu erwarten war, also mehr Umstände für als gegen erhebliche Steuernachforderungen sprachen.

2. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums ist in diesem Fall auch dann zulässig, wenn sie Veranlagungszeiträume betrifft, für die die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist, wenn aber dem Verdacht einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung nachgegangen werden soll.

3. Eine erweiternde oder ergänzende Prüfungsanordnung muss anders als eine erstmalige Prüfungsanordnung nicht angemessene Zeit vor Prüfungsbeginn bekanntgegeben werden, sondern sie kann mit dem tatsächlichen Prüfungsbeginn für die zusätzlichen Jahre zusammenfallen, wenn hinsichtlich des Rechtsgrundes und des Prüfers keine Abweichung von der ersten Prüfungsanordnung feststellbar ist und zudem der Ablauf der Festsetzungsfrist droht.

 

Normenkette

AO 1977 § 194 Abs. 1 S. 2; BpO (St) § 4 Abs. 2 S. 2; AO 1977 § 197 Abs. 1 S. 1, § 193

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.10.2003; Aktenzeichen III B 13/03)

BFH (Beschluss vom 27.10.2003; Aktenzeichen III B 13/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung zur Erweiterung des Prüfungszeitraums auf das Jahr 1991.

Der Kläger (Kl) betreibt eine Industrieberatung für PPS-Systeme, die für die Jahre 1991–1994 entsprechend den Größenmerkmalen des § 3 Betriebsprüfungsordnung (BPO) als Kleinstbetrieb einzustufen war.

Mit Datum vom 22.07.1997 erließ der Beklagte (Bekl) für die Jahre 1992–1994 eine Prüfungsanordnung. Mit der Prüfung wurde ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 11.02.2000 am 26.08.1997 begonnen. Das Ende der Prüfung war am 14.01.2000 (mit Unterbrechungen). In einem Schreiben vom 11.09.1997 wurde der Kläger zur Vorlage verschiedener Unterlagen aufgefordert, u. a. Kontoauszüge der Jahre 1992–1994 und Ausgangsrechnungen; diese wurde dann teilweise im Januar 1999 vorgelegt.

Am 22.12.1998 erließ der Bekl eine Prüfungsanordnung auch für das Jahr 1991, die dem Kl durch einfachen Brief am 23.12.1998 bekannt gegeben wurde und als Prüfungsbeginn den 22.12.1998 festsetzte. Als Begründung für die Erweiterung des Prüfungszeitraums führte der Beklagte an, dass die Ausdehnung des Prüfungszeitraums auf das Jahr 1991 aufgrund der Prüfungsfeststellungen in den Jahren 1992–1994 erfolge. Es sei mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen.

Hiergegen legte der Kl mit Schreiben vom 25.01.1999 Einspruch ein mit der Begründung, dass die Prüfungsanordnung nicht innerhalb einer angemessenen Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt gegeben worden sei. Am 04.02.1999 erging durch das Amtsgericht … ein Durchsuchungsbeschluss gegenüber dem Kläger wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer 1992–1994. Durch Einspruchsentscheidung vom 27.06.2000 hat der Bekl den Einspruch gegen die Prüfungsanordnung als unbegründet zurückgewiesen. Er argumentierte, dass die Ausdehnung des Prüfungszeitraums mit zu erwartenden nicht unerheblichen Steuernachforderungen begründet worden und somit ermessensgerecht sei. Die Gefährdungsgründe lägen bei der Erweiterung des Prüfungszeitraums wegen zu erwartender Mehrsteuern in der Sphäre des Steuerpflichtigen. Der Bekl habe sich auf den Fristablauf nicht einstellen können. Der drohende Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist (die Steuererklärungen für das Jahr 1991 waren am 26.03.1993 abgegeben worden) sei deshalb ausreichender Rechtfertigungsgrund für die Nichteinhaltung einer angemessenen Frist. Da der Betriebsprüfer die Prüfung ohnehin an Amtsstelle vorgenommen und die Unterlagen bei sich gehabt habe, habe er auch bereits am 22.12.1998 mit der Prüfung des Jahres 1991 beginnen können.

Hiergegen wendet sich der Kl mit der – rechtzeitig – beim Finanzgericht am 13.07.2000 eingegangenen Klage.

Zur Begründung trägt er vor, dass bei einer Ausdehnung des Prüfungszeitraums gemäß § 4 BPO die Höhe der zu erwartenden Mehrsteuern zum Zeitpunkt der Erweiterung der Prüfungsanordnung zu beurteilen und zu begründen sei, weshalb mit Mehrsteuern gerechnet werde. Seitens des Bekl sei weder eine Prüfung zur Höhe der zu erwartende...

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