rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991 und 1992
Tenor
I. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1991 vom 27. Mai 1993, geändert durch Bescheid vom 2. Januar 1995, wird die Einkommensteuer 1991 auf 1.004,– DM herabgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 7/8, der Beklagte zu 1/8.
III. Das Urteil ist für die Kläger hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, falls die Kläger nicht ihrerseits Sicherheit leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen sowie ein dingliches Vorkaufsrecht zur Duldung eines Gewerbebetriebs auf dem Nachbargrundstück oder zur Abgeltung von Schäden geleistet wurden und ob demgemäß diese Leistungen steuerpflichtig oder nicht steuerbar sind.
Die Kläger (Kl.) sind vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte Eheleute. Die Klägerin (Klin.) ist Eigentümerin des im Jahr 1987 erworbenen, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks …
Die Kl. nutzen das Gebäude zusammen mit ihren beiden Kindern als Familienwohnung. Auf dem angrenzenden Grundstück … wurde seit 1987 eine Wäscherei betrieben, die im Jahr 1990 zu einem Textilveredelungsbetrieb (Färberei, Bleiche) erweitert wurde. Im Jahr 1991 erhob die Klin. beim Landgericht … gegen den Inhaber des Gewerbebetriebs Klage „wegen Eigentumsverletzung durch Lärmimmissionen” mit dem Antrag, es bei Vermeidung eines Ordnungsgelds bis zu 500.000,– DM zu verhindern, daß von dem Betrieb Lärm ausgeht, der für den Tag 60 dB (A) überschreitet. Die Klin. habe nach § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Anspruch auf Beseitigung bzw. Einhaltung der zulässigen Lärmrichtwerte. Nach Zeitungsartikeln wehrte sich die Klin. auch zusammen mit weiteren Anwohnern in einer sogenannten Bürgerinitiative gegen von dem Betrieb ausgehende Belästigungen. Am 16. August 1991 schloß die Klin. zur Beendigung des Rechtsstreits 4 O 522/91 vor dem Landgericht einen Vergleich ab. Danach verpflichtete sich der Beklagte, „die Produktion spätestens ab 1. Juli 1993 einzustellen und es bei Vermeidung eines Ordnungsgelds bis 500.000,– DM zu unterlassen, daß von seinem Betrieb für das Grundstück … ein Beurteilungspegel ausgeht, der für den Tag 60 dB (A) überschreitet”. Die Klin. hatte bis zu diesem Zeitpunkt von dem eingeschränkten Betrieb ausgehende Lärmimmissionen zu dulden. Als Ausgleich hierfür erhielt sie für August 1991 3.500,– DM und ab September 1991 bis Dezember 1992 monatlich 4.000,– DM. Ab 1. Januar 1993 erhöhte sich die monatliche Entschädigung auf 12.000,– DM. Die Entschädigung entfiel mit vollständiger Einstellung der Produktion. Während der Entschädigungsdauer durften von dem Betrieb auf das Grundstück der Klin. Lärmimmissionen nur bis zu 66 dB (A) (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) ausgehen. Außerdem verpflichtete sich der Beklagte, der Klin. ein dingliches Vorkaufsrecht an dem Betriebsgrundstück einzuräumen, welches bei Veräußerung an Familienangehörige nicht, bei Weiterveräußerung durch diese jedoch ausgeübt werden konnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffern 1 bis 5 des Prozeßvergleichs Bezug genommen. Das Vorkaufsrecht wurde am 24. Juni 1993 im Grundbuch eingetragen.
Die Kl. wurden für das Jahr 1991 nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und für 1992 nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig zur ESt veranlagt (Bescheide vom 27. Mai 1993 sowie 31. Mai 1994). Nachdem das FA von den Leistungen an die Klin. aufgrund des Prozeßvergleichs Kenntnis erlangt hatte, hörte es die Klin. hierzu am 28. Juli 1994 an. Die Klin. vertrat die Auffassung, die Zahlungen sowie das Vorkaufsrecht seien als Ersatz für erlittene Schäden und Schmerzen geleistet worden und deshalb einkommensteuerrechtlich nicht zu erfassen. Bei dem Vorkaufsrecht fehle es außerdem am Zufluß eines geldwerten Vorteils. Jedenfalls sei ein angemessener Teil der Beträge als steuerfreier Schadensersatz sowie Schmerzensgeld zu behandeln sowie Rechtsverfolgungsaufwendungen in folgender Höhe als Werbungskosten anzuerkennen:
1990 |
1991 |
2.993,35 DM |
8.009,50 DM |
In Änderungsbescheiden nach § 164 Abs. 2 AO (1991) sowie § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (1992) vom 2. Januar 1995 berücksichtigte das FA Leistungen aus dem Prozeßvergleich als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), die es wie folgt ermittelte:
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1991 |
1992 |
Einnahmen |
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19.500,– DM |
48.000,– DM |
Vorkaufsrecht geschätzt |
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17.000,– DM |
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Werbungskosten |
2.993,35 DM |
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8.009,50 DM |
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11.003,– DM |
0,– DM |
Einkünfte |
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25.497,– DM |
48.000,– DM |
Mit am 1. Februar 1995 eingelegtem Einspruch wandten sich die Kl. weiterhin mit der Begründung gegen eine Besteuerung von Leistungen aus dem Prozeßvergleich, es handle sich um einen Ausgleich und Wiedergutmachung für durch den Textilbetrieb erlittene Schäden und Schmerzen. Das FA wies den...