Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses des Ausgleichs von Verlusten aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mit anderen Einkünften
Leitsatz (redaktionell)
Der Ausschluss des Ausgleichs von Verlusten aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gemäß § 15 Abs. 4 S. 6, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG, vom 16.5.2003, BStBl 2003 I S. 321) ist auch insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar, als er sich ohne Einschränkung auch auf Verluste bezieht, die auf vor dem Jahr 2003 begründeten Verpflichtungen beruhen.
Normenkette
EStG 2003 § 15 Abs. 4 Sätze 6-8, § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Ausschluss des Ausgleichs von Verlusten aus stillen Beteiligungen an Kapitalbeteiligungen gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6, § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) vom 16. Mai 2003, Bundessteuerblatt (BStBl) I 2003, 321, verfassungsgemäß ist.
Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom 21. Mai 1991 errichtet. Das Stammkapital betrug im Jahr 2002 EUR 51.129,19 (DM 100.000) und wurde von Frau X. i.H. von EUR 29.654,93 (DM 58.000) und ihrem Ehemann Herrn Dr. AX. i.H. von EUR 21.474,26 (DM 42.000) gehalten. Gegenstand des Unternehmens ist laut Gesellschaftsvertrag insbesondere
- ▸ die planerische Vorbereitung und Entwicklung technischer und wissenschaftlicher Problemlösungen sowie deren Produktion, Verkauf und Vertrieb;
- ▸ die Organisation interdisziplinärer Zusammenarbeit zur Lösung von Problemstellungen im sogenannten Hightech-Bereich;
- ▸ die Verwertung von Erfindungen und Entwicklungen im Auftrag von oder in Zusammenarbeit mit Erfindern oder Entwicklern;
- ▸ die Vorbereitung und Entwicklung von Maßnahmen zur Verfahrens- und Ablaufoptimierung im technisch-wissenschaftlichen Bereich sowie die fachliche und/oder organisatorische Beratung im Umgang mit neuen Technologien und deren Umfeld.
Das Geschäftsjahr endet zum 30. Juni. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin ist Frau X..
Mit notariellem Vertrag vom 21. Februar 2002 zwischen Frau X. für die X-GmbH und Herr O.T., A., wurde eine Aktiengesellschaft unter der Firma M-AG mit Sitz in Y. – nachfolgend AG – gegründet. Das Grundkapital von EUR 50.000 übernahm Herr T. (5.000 × EUR 5) und die Firma X-GmbH (5.000 × EUR 5) je zur Hälfte. Der Zweck war der internationale Handel sowie die Verkaufsvermittlung von wissenschaftlichen Produkten und Geräten und Instrumenten, vorwiegend aus dem Bereich der Lebenswissenschaften.
Daneben wurde mit Vertrag vom 21. Februar 2002 zwischen der AG i. G. und der Firma X-GmbH eine stille Gesellschaft vereinbart. Danach beteiligte sich die Firma X-GmbH mit einer Einlage i.H. von EUR 300.000 als stille Gesellschafterin an der AG. Die Einlage wurde auf Anforderung in Teilbeträgen eingezahlt. Die Stille war berechtigt, am Gewinn mit 30 %, höchstens 50 % der Einlage teilzunehmen. Am Verlust nahm die Stille in voller Höhe teil, jedoch beschränkt auf die zu leistende Einlage.
Nach dem Jahresabschluss der AG auf 30. Juni 2002 (Rumpfwirtschaftsjahr vom 28. Februar bis 30. Juni 2002) schloss die Gesellschaft mit einem Jahresfehlbetrag von EUR 14.511 ab. Dabei wurden die Einzahlungen der stillen Gesellschafterin als Verbindlichkeit mit den bis dahin eingeforderten EUR 95.000 zunächst passiviert und dann gewinnerhöhend aufgelöst. Im Wesentlichen stammte der Aufwand der AG aus Gehältern und sozialen Aufwendungen, aus Raum- und Werbekosten sowie aus Rechts- und Beratungskosten. Der Vorstand hat allerdings 2002 noch keine Bezüge im Rahmen seines Dienstvertrags erhalten.
Die Klägerin hat in ihrer Bilanz zum 30. Juni 2002 den Anteil an der AG i.H. von EUR 12.500 sowie den Anteil als stille Gesellschafterin i.H. der geleisteten Einzahlung von EUR 95.000 aktiviert und mit dem Verlustanteil i.H. von EUR 95.000 verrechnet.
Für die Zwecke der Vorauszahlungen für 2003 gab die Klägerin an, im Folgejahr EUR 195.500 als stille Gesellschafterin geleistet zu haben und diesen Betrag wegen der Verluste der AG abschreiben zu müssen. Daraus ergebe sich ein eigener Jahresfehlbetrag i.H. von EUR 20.000, der zur Festsetzung von Vorauszahlungen für die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer i.H. von EUR 0 führen müsse.
Im Jahre 2004 hat die Klägerin ihren Anteil an der AG veräußert und auf ihre Rechte als stille Gesellschafterin verzichtet.
Mit Bescheiden vom 9. März 2004 setzte das beklagte Finanzamt (FA) die Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für 2003 i.H. von EUR 44.265 zzgl. Solidaritätszuschlag fest. Dabei legte das FA ein zu versteuerndes Einkommen i.H. ...