rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand bei Umbau einer Wohnung in zwei Arztpraxen. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird eine sich über zwei Geschosse erstreckende Wohnung in einer einheitlichen Baumaßnahme und unter erheblichem Bauaufwand (u.a. Einziehen einer Geschossdecke statt des bisher vorhandenen Schwimmbads, Umwandlung der Balkone/Terrassen in Nutzfläche durch Versetzen der Außenmauern) in zwei Arztpraxen umgebaut, so sind alle Aufwendungen sowohl unter dem Gesichtspunkt der „Erweiterung” (Steigerung der Wohn-/Nutzfläche von 210 auf 302 qm) als auch unter dem Aspekt der „wesentlichen Verbesserung” (dauerhaft veränderte Gebäudenutzung unter Steigerung des Ertragspotentials) i.S. des auch im Steuerrecht maßgeblichen § 255 Abs. 2 HGB als Herstellungskosten und nicht als Erhaltungsaufwand zu behandeln.
2. Das von der neueren BFH-Rechtsprechung eingeführte Kriterium der Standardverbesserung ist bei der Prüfung, ob Anschaffungs-/Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand vorliegen, nur bei baulichen Veränderungen an einem Wohnzwecken dienenden Gebäude maßgeblich, nicht aber bei Umbauten zu betrieblich genutzten Räumlichkeiten.
Normenkette
HGB § 255 Abs. 2 S. 1; EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4-5
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, wie Aufwendungen des Klägers (Kl) zum Umbau einer eigengenutzten Wohnung in zwei Arztpraxen steuerlich zu behandeln sind.
Der Kl ist von Beruf … und Eigentümer des Grundstücks … in … In den Jahren 1979 bis 1982 überbaute er dieses Grundstück mit einem Gebäude und ließ es anschließend in Wohneigentum/Teileigentum aufteilen. Im Erdgeschoss (EG) befinden sich zum einen Räumlichkeiten, die vom Kl an einen … vermietet wurden, zum anderen seine von ihm und der Klin betriebene … Im Obergeschoss (OG) liegt eine an einen … vermietete Praxis. Ebenfalls im OG und – über eine Treppe erreichbar – auch im Dachgeschoss (DG) hatten die Kl ihre als Einfamilienhaus bewertete eigengenutzte Wohnung. Für diese Wohnung hatte der Kl seit 1993 auf die Nutzungswertbesteuerung verzichtet. Wegen der Pläne und Baubeschreibungen für das Gebäude … im Einzelnen wird auf die in den Belegakten des Beklagten (Bekl) abgehefteten Unterlagen Bezug genommen.
In den Jahren 1995 und 1996 baute der Kl die auf zwei Ebenen (OG und DG) liegende eigengenutzte Wohnung der Kl in zwei eigenständige Arztpraxen um. Die Geschossfläche veränderte sich hierbei von 1060 m² um 62 m² auf 1122 m², der umbaute Raum von 1017 m³ um 305 m³ auf 1322 m³ und die Wohn- bzw. Nutzfläche von 210 m² um 92 m² auf 302 m². Diese Erhöhungen gehen darauf zurück, dass er ein bislang in seiner Wohnung im Obergeschoss gelegenes Schwimmbad abgerissen und auf dessen Fläche eine Geschossdecke zwischen OG und DG neu eingezogen hat. Darüber hinaus hat er die Balkone/Terrassen seiner Wohnung zu Nutzflächen umgewandelt, indem er neue Außenmauern anbringen und das Dach des Gebäudes über die bisherigen Terrassen hinaus verlängern ließ. Weiter wurde bei der Umgestaltung die komplette Heizungsanlage ausgetauscht, bestehende Wände versetzt, vorhandene Fenster und Jalousien erneuert und umfangreiche Elektro-, Sanitär-, Gipser- und Malerarbeiten durchgeführt. Im zweiten OG tauschte der Kl die bereits vorhandene Fußbodenheizung komplett aus (Bodenbelag/Heizkreislauf und Steuerungstechnik), da – so sein Vortrag – wegen Undichtigkeiten der vorhandenen Fußbodenheizung bereits Wasserschäden in der Decke der darunter liegenden Räume aufgetreten waren. Soweit der bestehende Bau nicht mehr umweltgerechten Materialien enthielt, sind diese entfernt worden. So wurde unter anderem die Dacheindeckung aus Asbest-Zement-Platten entsorgt und durch eine Titan-Zink-Verkleidung ersetzt und im OG der nicht mehr zeitgemäße Terrakotta – Fliesenbelag (Modell 1980) auf Wunsch der Mieter des Kl mit zeitgemäßen hellen Fliesen überklebt. An verschiedenen Stellen ließ der Kl zusätzlich Trennwände einziehen.
Die gesamten Aufwendungen für die Umbaumaßnahmen beliefen sich auf 1.069.336,69 DM. Wegen der Darstellung der baulichen Veränderungen, der im Einzelnen entstandenen Aufwendungen und der Rechnungen hierzu wird auf Bl. 74 bis 76 der Einspruchsakten sowie Bl. 1 bis 114 der Belegakten des Bekl Bezug genommen. Die ursprünglichen Herstellungskosten für die eigengenutzte Wohnung hatten 268.722 DM betragen. Nach dem Umbau vermietete der Kl die neu entstandenen Arztpraxen mit Verträgen vom 25. April und 1. Februar 1996 (Bl. 92 bis 103 der Finanzgerichts – FG – Akten) für … DM und … DM monatlich.
In der Einkommensteuer (ESt) – Erklärung für das Streitjahr 1995 machte der Kl wegen der vorgenannten Umbauarbeiten von den in 1995 angefallenen Gesamtkosten in Höhe von 29.213,43 DM in ihrer Zusammenstellung der Kosten (Bl. 26 u...