rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug für bei Scheidung vereinbarter Ausgleichszahlungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs

 

Leitsatz (redaktionell)

Ausgleichszahlungen, die ein Ehegatte zur Abfindung eines Versorgungsausgleichsanspruchs wegen des Bestehens einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung an den anderen Ehegatten leistet, um später die Versorgungsbezüge aus der betrieblichen Altersversorgung ungekürzt zu erhalten, sind mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang stehende Werbungskosten (Anschluss an FG Münster, Urteil v. 11.11.2015 – 7 K 453/15 E, EFG 2016, 114; im Streitfall, Streitjahr 2010: Rechtslage nach der Neuregelung des Versorgungsausgleichs zum 1.9.2009 durch das VersAusglG). Die Ausgleichszahlungen sind nicht als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Rentenanwartschaft zu qualifizieren und deshalb weder unter diesem Gesichtspunkt noch analog des Rechtsgedankens des § 17 VersAusglG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen.

 

Normenkette

EStG 2010 § 9 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; VersAusglG §§ 10, 14 Abs. 2 Nr. 2, § 17

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Januar 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2015 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer unter Anerkennung der gezahlten Abstandszahlung zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Höhe von… EUR als Werbungskosten festgesetzt wird. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuer 2010 entsprechend zu errechnen, dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung mitzuteilen und die Bescheide mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft des Urteils neu bekannt zu geben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Ausgleichszahlungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehe wurde nach Einleitung des Scheidungsverfahrens am .. September 2009 beim Amtsgericht X am .. Mai 2010 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens vereinbarten der Kläger und seine geschiedene Ehefrau eine Ausgleichszahlung über insgesamt… EUR zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs der betrieblichen Altersversorgung (eine Firmenrente aufgrund Versorgungsverordnung, Bl. 71 der Finanzgerichtsakte, und Ansprüche aufgrund von Entgeltumwandlungen, Bl. 85 der Finanzgerichtsakte). Die Vereinbarung ist Bestandteil des Scheidungsurteils des Amtsgerichts X vom .. Mai 2010 (Bl. 13 ff. der Rechtsbehelfsakte). Sie stellt nach Auffassung des Amtsgerichts X einen adäquaten Ausgleich für die ansonsten zugunsten der Ehefrau zu erfolgende Teilung der ausgeschlossenen Anrechte dar.

§ 1 Nr. 5 der Vereinbarung sieht unter der Unterschrift „Versorgungsausgleich” folgende Regelung vor:

”Der Ehemann verpflichtet sich, an die Ehefrau eine Ausgleichszahlung in Höhe von… EUR zu erbringen. Die Ausgleichszahlung ermittelt sich wie folgt: Ausgehend von einem Kapital-Ausgleichswert der Betriebsrentenanwartschaften des Ehemannes in Höhe von… EUR sind hiervon Abschläge für einen Steuervorteil wegen Steuerfreiheit der Abfindung (Wert: etwa… EUR), für eine Abzinsung wegen vorzeitigem Zufluss (Wert ca. … EUR) und den Gegenwert des Verzichts des Ehemanns auf Ausgleich der ZV-Rente bei der Y der Ehefrau vorgenommen worden.”

Die erste Rate über… EUR bezahlte der Kläger am 30. Juni 2010. In der Steuererklärung für das Streitjahr 2010 beantragte der Kläger die Zahlung des Betrages von… EUR als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte den Betrag in Höhe von… EUR zunächst als Werbungskosten (vgl. die unter Nachprüfungsvorbehalt ergangenen Einkommensteuerbescheide für 2010 vom 16. September 2011 und vom 18. Mai 2012). Mit Änderungsbescheid vom 20. Januar 2015 versagte das FA schließlich die Anerkennung als Werbungskosten und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Hiergegen legte die Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2015 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ein Abzug der Abstandszahlung als vorweggenommene Werbungskosten sei ausgeschlossen. Die Zahlung stelle vielmehr steuerlich unbeachtliche Anschaffungskosten dar.

Der Kläger hat am 18. Juni 2015 beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich seien als Werbungskosten anzuerkennen. Eine Beschränkung des Werbungskostenabzugs nach dem Rechtsgedanken des § 17 Versorgungsausgleichgese...

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