Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkosten für Krankenbesuche des Ehegatten. Telefonkosten und Aufwendungen für medizinische Fachbücher sind bei fehlender medizinischer Indikation keine außergewöhnlichen Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für Besuchsfahrten und medizinische Fachbücher sowie Telefonkosten sind selbst bei einem längeren Krankenhausaufenthalt des Ehegatten nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen, wenn diese nur einem privaten Bedürfnis entspringen, und nicht nachweisbar medizinisch indiziert unmittelbar der Heilung oder Linderung der Krankheit dienen.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Kläger, ein Fachberater für Sozialversicherung und eine Therapeutin mit zwei in ihrem Haushalt lebenden Kindern (Jahrgang 1988 und 1992), von denen im Streitjahr eine Tochter eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester absolvierte, machten in ihrer Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2006 u.a. krankheitsbedingte Aufwendungen des Klägers für Praxisgebühren (140 EUR), Zuzahlungen in der Apotheke (612,10 EUR), Fahrten zum Augenarzt (95,40 EUR), Fahrten zur Apotheke (202,80 EUR), Fahrten zur Psychosomatischen Klinik (38 EUR), Hin- und Rückfahrt zur Psychosomatischen Klinik (je 31,45 EUR), Fahrten von der Psychosomatischen Klinik nach Hause zur „Belas-tungserprobung” (377,39 EUR), Krankenbesuche (628,98 EUR), Telefonate (345,11 EUR), Krankenhaus-Eigenanteil (280 EUR), ein ärztliches Attest (10 EUR), ein Handbuch „Psychopharmaka” mit Medikamentenverzeichnis und ihre Wirkungen (39,95 EUR) sowie Aufwendungen für die Klägerin und die zwei Kinder in Höhe von insgesamt 5.410,17 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend. Ergänzend führten sie zu den Krankenbesuchen aus:
„therapeutisch erforderlich und ärztlich befürwortet (Familienverbindung) = 10 mal. Also 10 × 104,83 × 2 × 0,30 EUR 628,98”
Die Telefonkosten („genesungsfördernd und Familienverbindung”) ermittelten die Kläger
wie folgt:
„Monat August 2006 |
= EURO 95,35 |
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Monat September 2006 |
= EURO 195,99 |
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Monat Oktober 2006 |
= EURO 140,05 |
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Gesamtbetrag |
= EURO 431,39 davon 80 v.H. |
EURO 345,11” |
Wegen der Einzelheiten wird auf die sich in den ESt-Akten befindliche Auflistung Bezug genommen. Der Kläger leidet an depressiven Störungen und befand sich im Streitjahr 2006 auch in stationärer Behandlung.
Mit ESt-Bescheid für 2006 vom 7. November 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung berücksichtigte das beklagte Finanzamt (FA) außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt 3.449 EUR und setzte ESt in Höhe von 8.644 EUR fest. Die Aufwendungen für die Belastungserprobung, Krankenbesuche und Telefonate erkannte es nicht an. Berücksichtigt wurde die Rückfahrt der Klägerin von der Klinik am 1. August 2006 in Höhe von (104,83 km × 0,30 =) 31,45 EUR.
Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und reichten ein ärztliches Attest des Chefarztes der Fachklinik für Psychosomatik und Ganzheitsmedizin vom 27. November 2007 mit folgendem Inhalt ein:
„Herr A befand sich vom 01.08. bis 12.10.2006 in unserer stationären Behandlung. Im Rahmen dieser Behandlung war es aus ärztlich-therapeutischer Sicht mehrfach indiziert, dass Herr A eine sogenannte Belastungserprobung in der häuslichen Umgebung am Wohnort durchführte. Hierzu waren jeweils Fahrten über das Wochenende nach Hause notwendig. Ebenso war es aus ärztlichtherapeutischer Sicht notwendig, dass er während seines Klinikaufenthaltes von seiner Familie besucht wurde und regelmäßige telefonische Kontakte, vor allem zwischen Herrn A und seiner Ehefrau, stattfanden. Alles andere wäre dem Genesungsprozess abträglich gewesen.”
Das FA erkannte daraufhin auch die Aufwendungen für die Belastungserprobung des Klägers in Höhe von 377,39 EUR sowie die im Einspruchsverfahren geltend gemachten Fahrten der Tochter zum Physiotherapeuten in Höhe von 3,92 EUR als außergewöhnliche Belastungen an und setzte die ESt mit geändertem ESt-Bescheid für 2006 vom 23. Mai 2008 in Höhe von 8.530 EUR fest. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück.
Mit ihrer Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die Besuchsfahrten der Familie (628,98 EUR) sowie die Anschaffung von medizinischer Fachliteratur (39,95 EUR) seien infolge seiner, des Klägers, lebensbedrohlichen Situation notwendig gewesen. Gespräche mit den behandelten Ärzten hätten die Besucher allerdings nicht vereinbart gehabt. Das Buch sei für die Auswahl einer geeigneten Therapieform nützlich gewesen. Auch die geführten Telefongespräche (345,11 EUR) hätten dem Heilungs-prozess gedient. Aufwendungen, die dem Grunde nach Krankheitskosten seien, seien abzugsfähig, ohne Prüfung, ob sie notwendig oder angemessen gewesen seien.
Die Kläger beantragen,
den geänderten ESt-Bescheid für 2006 vom 23. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2008, zuletzt geändert am 21. November 2008, dahin gehend zu ändern, dass weitere 1.014,04 ...