Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Nichtabführung der einbehaltenen Lohnsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Geschäftsführer einer GmbH die Löhne voll ausgezahlt, die darauf entfallenden Abgaben einbehalten, aber das danach noch auf dem Bankkonto der GmbH verbliebene, zur Tilgung der Lohnsteuer und der Nebenabgaben ausreichende Guthaben zur Darlehensrückzahlung an eine weitere Kapitalgesellschaft -bei der er ebenfalls Geschäftsführer und zudem Gesellschafter ist- verwendet und musste er 10 Tage später -am Fälligkeitstag der Lohnsteuer und der Lohnnebenabgaben- Konkursantrag für die GmbH stellen, so haftet er gegenüber dem FA für die ausgefallenene Lohnsteuer aufgrund der grob pflichtwidrigen Verletzung seiner steuerlichen Geschäftsführerpflicht dadurch, dass er die nach der Lohnzahlung noch vorhandenen Mittel der GmbH statt zur gleichrangigen Begleichung der Abzugsteuern voll für andere Zwecke verwendet hat.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 69, 34

 

Tatbestand

Streitig ist, inwieweit der Kläger als Geschäftsführer der … GmbH (L-GmbH) für bei Lohnzahlungen einbehaltene aber nicht abgeführte Lohnsteuer und Nebenabgaben haftet (§ 34 AbgabenordnungAO).

Finanzgerichtsordnung -FGO-

Der Kläger war seit 1973 einziger Geschäftsführer der L-GmbH. Er war außerdem Gesellschafter und einziger Geschäftsführer der … GmbH (K-GmbH). Für die L-GmbH wurden am 29. November 1996 insgesamt 37.522,66 DM Nettolöhne für November 1996 durch Banküberweisungen ausgezahlt. Danach ergab sich auf dem Konto der L-GmbH bei der … e.G. (Bank) noch ein Guthaben von 18.934,14 DM. Die einbehaltenen Lohnsteuern und Nebenabgaben wurden mit vom Kläger am 10. Dezember 1996 unterzeichneter LSt-Anmeldung am 17. Dezember 1996 wie folgt angemeldet:

Lohnsteuer

7.407,83 DM

Solidaritätszuschlag

542,90 DM

ev. Kirchenlohnsteuer

176,33 DM

rk. Kirchenlohnsteuer

282,57 DM

zusammen

8.409,63 DM

Der Kläger beantragte am 10. Dezember 1996, über das Vermögen der L-GmbH den Konkurs zu eröffnen. Dabei legte er eine am 10. Dezember 1996 aufgestellte und unterzeichnete Zusammenstellung von Vermögen und Schulden vor, in der als Verbindlichkeit unter anderem die hier fragliche Lohnsteuer genannt ist. Die gesamten Verbindlichkeiten betrügen über 72.000 DM, die Forderungen 4.163,90 DM, die Schulden aus Darlehn der K-GmbH aus den Jahren 1988–96 1.295.000 DM und das Vermögen 55.885,72 DM. Auf zwei Konten bei der Bank bestünden Schuldsalden im jeweils zweistelligen DM-Bereich.

Das Amtsgericht Baden-Baden holte gutachtliche Äußerungen eines Steuerberaters vom 7. April und 19. April 1997 ein und lehnte die Eröffnung des Konkursverfahrens durch Beschluss vom 22. April 1997 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse ab. Der Gutachter hatte ermittelt, es bestehe eine freie Konkursmasse lediglich in Höhe von etwa 5.000 DM. Ein Sicherungsübereignungsvertrag bezüglich einer Orgel sei nicht zu beanstanden. Die von der L-GmbH vorgelegte Übersicht über ihr Vermögen sei zutreffend.

Bei einer am 18. März 1997 angeordneten Umsatzsteuer-Außenprüfung (UStAp) stellte der Prüfer unter anderem ca. 4.500 DM Verbindlichkeiten der GmbH aus Lieferungen und Leistungen fest, für die die Vorsteuer gemäß § 17 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu berichtigen sei (Tz. 10 des UStAp-Berichts vom 11. August 1997). Die L-GmbH habe nach und nach ein Darlehen von der K-GmbH in Höhe von insgesamt ca. 1.300.000 DM erhalten. Dieser Gläubigerin sei ein Kraftfahrzeug und eine Orgel sicherungsübereignet worden, die zusammen mit 55.885,72 DM bewertet worden seien (Tz. 12 des UStAp-Berichts). Dem Prüfer lagen die vom Kläger dem Konkursgericht eingereichte Vermögensübersicht, Sicherungsübereignungsverträge für das Kraftfahrzeug und die Orgel sowie eine Globalabtretung von Forderungen und Vorräten zugunsten der K-GmbH vor (Aktenblatt 5–12 der Vollstreckungsakten L-GmbH).

Am 26. Juni 1997 teilte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Beklagten (dem Finanzamt -FA-) unter Angabe der „frühere Firma” der L-GmbH mit, die Firma sei im Handelsregister gelöscht worden. Er bitte von weiteren Mitteilungen oder Anschreiben abzusehen.

Da die angemeldeten Lohnsteuern und Nebenabgaben für November 1996 bis dahin nicht entrichtet waren, kündigte das FA dem Kläger am 15. September 1997 an, ihn deswegen in Haftung nehmen zu wollen. Dagegen wandte der Prozessbevollmächtigte ein, da ausreichende Mittel vorhanden gewesen seien, sei der Geschäftsführer berechtigt gewesen, die Nettolöhne voll auszubezahlen. Erst nach der Auszahlung habe sich die Liquiditätslage so nachteilig verändert, dass zum Fälligkeitstag die Steuerbeträge nicht mehr termingerecht hätten bezahlt werden können. Der Kläger habe die Liquidation noch nicht abgeschlossen, deren Ergebnis solle abgewartet werden.

Das FA erließ am 7. Oktober 1997 einen Haftungsbescheid gegen den Kläger wegen der o.g. Abzugsbeträge. Die Lohnsteuerrückstände könnten von der L-GmbH offensichtlich nicht mehr beglichen werden, da die Konkurseröffnung mangels Masse abg...

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