Entscheidungsstichwort (Thema)

Flugunterricht und Überlassung des Flugzeugs für den Unterricht als einheitliche steuerfreie Leistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Erteilung von Flugunterricht durch einen gemeinnützigen Verein ist nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei.

2. Die Überlassung eines Flugzeugs durch den unterrichtenden Verein an die Flugschüler stellt eine umsatzsteuerliche Nebenleistung zum Flugunterricht da, die ebenso steuerfrei ist.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 22 Buchst. a

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Flugunterricht und die Überlassung des Flugzeugs für den Unterricht gesonderte Leistungen (so der Kläger) oder eine einheitliche –nach § 4 Nr. 22 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie– Leistung darstellen.

1. Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der Sportfliegerei betreibt. Er ist zur vierteljährlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet.

Der Kläger erwarb im Jahr 2015 das Flugzeug X und zog den gesamten in Rechnung gestellten Vorsteuerbetrag von 31.294,18 EUR ab. Aus der Anlage zur Umsatzsteuererklärung ist ersichtlich, dass das Flugzeug im Jahr 2015 nicht für die Ausbildung genutzt worden ist. Die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2015 ist nicht streitig.

Das Flugzeug wird Vereinsmitgliedern zum einen gegen Entgelt zum Fliegen überlassen; diese Umsätze unterliegen unstreitig nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz.

Darüber hinaus wird das Flugzeug auch für den Unterricht von Flugschülern verwendet. Der Kläger besitzt seit dem xxx die vom Baden-Württembergischen Luftfahrtverband e.V. erteilte Erlaubnis, Ausbildungslehrgänge durchzuführen. Um eine Ausbildung absolvieren zu können, muss der Flugschüler Mitglied des Klägers sein. Der Unterricht umfasst 120 Stunden Theorie und mindestens 45 Flugstunden. Auf der Homepage des Klägers heißt es „… Die Schulung erfolgt im Verein durch ehrenamtliche Mitglieder. …”. In den „Bewerbermeldungen” des Klägers an das Regierungspräsidium A (dem Senat liegen solche aus den Jahren 2018 und 2019 vor) wird der Kläger als Ausbildungsorganisation geführt.

Ab Oktober 2016 weist der Kläger in den Rechnungen an die Flugschüler das Entgelt für die Überlassung des Flugzeugs („Flugzeitgebühr Schüler”) einschließlich einer Landegebühr – mit dem ermäßigten Steuersatz – sowie den Flugunterricht („Aufwandsentschädigung Ausbildung”) – ohne Umsatzsteuer – getrennt aus. Die Rechnungen enthalten (entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG) keinen Hinweis auf eine Steuerbefreiung betreffend Unterricht. Aus den Rechnungen ist auch nicht ersichtlich, dass der Flugunterricht nicht vom Kläger erbracht würde.

Eine Nachfrage des Berichterstatters beim Prozessbevollmächtigten vom 03.05.2021 zur Abrechnungspraxis bis Oktober 2016 blieb unbeantwortet.

Die Einnahmen (netto) aus der Überlassung des Flugzeugs an die Flugschüler und aus dem Flugunterricht betrugen in den Streitjahren:

Jahr

Flugzeugüberlassung

Flugunterricht

2016

7.615 EUR

6.940 EUR

2017

37.663 EUR

11.874 EUR

Das Flugzeug wurde – bemessen nach der Anzahl der Flugstunden – in 2016 zu 15,41 % und in 2017 zu 39,52 % für die Flugstunden verwendet. Im Jahr der Anschaffung 2015 wurde es – wie bereits erwähnt – nicht für Flugunterricht eingesetzt.

2. Der Kläger unterwarf in der Umsatzsteuererklärung 2016 vom 27.04.2017 die Entgelte aus der Überlassung des Flugzeugs einschließlich der Landegebühren dem ermäßigten Steuersatz, die Entgelte aus dem Flugunterricht behandelte er als steuerfrei (laut Anlage „Umsatzsteuer ohne USt-Errechnung”). Die Vorsteuern aus dem Erwerb des Flugzeugs berichtigte er nicht. Der Kläger erklärte die folgenden Besteuerungsgrundlagen:

Gegenstand

Bemessungc

Steuer

Leistungen 19 %

14.949 EUR

2.840,31 EUR

Leistungen 7 %

158.685 EUR

11.107,95 EUR

Vorsteuern

./. 21.376,03 EUR

festgesetzte Steuer

./. 7.427,77 EUR

3. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) ist der Auffassung, die Überlassung des Flugzeugs an die Flugschüler sei zusammen mit dem Unterricht eine einheitliche, steuerfreie Leistung und berichtigte die Vorsteuer aus dem Erwerb des Flugzeugs unter Vorbehalt der Nachprüfung im Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 28.07.2017; weitere Änderungen der erklärten Besteuerungsgrundlagen nahm er zunächst nicht vor. Die Vorsteuerberichtigung berechnete das FA wie folgt:

Vorsteuern insgesamt

31.294,18 EUR

verteilt auf 5 Jahre: 31.294,18 EUR / 5

6.258,84 EUR

davon Verwendung für steuerfreie Umsätze 2016: 15,41 %

964,49 EUR

Im Einzelnen legte das FA dem Steuerbescheid die folgenden Besteuerungsgrundlagen zugrunde:

Gegenstand

Bemessung

Steuer

Leistungen 19 %

14.949 EUR

2.840,31 EUR

Leistungen 7 %

158.685 EUR

11.107,95 EUR

Vorsteuern

./. 21.376,03 EUR

Vorsteuerberichtigung

964,49 EUR

festgesetzte Steuer

./. 6.463,28 EUR

4. Der Kläger legte gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016 am 11.08.2017 Einspruch ein. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens führte das FA für die Streitjahre eine Umsatzsteuerso...

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