Entscheidungsstichwort (Thema)
DBA-Schweiz. Nichtrückkehrtage eines Grenzgängers bei Geschäftsreisen in Drittstaaten an Sonn- und Feiertagen. Direktor einer Schweizer Aktiengesellschaft ist leitender Angestellter. Besteuerung von Einkünften eines Universitätsrats. Abweichung von Verständigungsvereinbarungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Grenzgängereigenschaft i. S. d. Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz ist erfüllt, wenn der Arbeitnehmer die Grenze mehr als nur gelegentlich, wenn auch nicht täglich, überquert. Zu berücksichtigen sind diesbezüglich nur die Arbeitstage, nicht die arbeitsfreien Wochenend- und Feiertage.
2. Eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten sowie Tage, an denen der Arbeitnehmer nach einer mehrtägigen Geschäftsreise in Drittstaaten an seinen Wohnsitz zurückkehrt, sind keine Nichtrückkehrtage i. S. d. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992.
3. Auf Geschäftsreisen verbrachte Wochenend- und Feiertage zählen auch bei Reisekostenübernahme durch den Arbeitgeber nicht zu den Nichtrückkehrtagen i. S. d. Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992, wenn keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass an diesen Tagen tatsächlich Arbeit geleistet wurde. Aus der Unzumutbarkeit der Rückkehr allein kann nicht auf das Vorliegen eines Arbeitstages geschlossen werden.
4. Verständigungsvereinbarungen zwischen der deutschen und Schweizer Finanzverwaltung kommt keine unmittelbare Gesetzeskraft zu, sondern dienen dem Gericht lediglich als Auslegungshilfe.
5. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, wegen der von den deutschen Steuerbehörden gegenüber der eidgenössischen Steuerverwaltung eingegangenen Verpflichtung, eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten als Nichtrückkehrtage zu behandeln, ein Verständigungsverfahren oder ein Erlassverfahren zu beantragen.
6. Der Direktor einer in der Schweiz ansässigen Schweizer AG mit einem dieser Stellung zukommenden Zeichnungsrecht nach Art. 718a des Schweizerischen Obligationenrecht (OR), ist leitender Angestellter i. S. d. Art 15 Abs. 4 Satz 1 DBA-Schweiz.
7. Einnahmen aus der Tätigkeit als Mitglied des Univeristätsrats einer Schweizerischen Universität sind als Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu qualifizieren und unterliegen nach Art. 14 Abs. 1 DBA-Schweiz dem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats, wenn für die Ausübung der Tätigkeit in dem Tätigkeitsstaat keine feste Einrichtung zur Verfügung steht.
Normenkette
DBA CHE 1971/1992 Art. 15a Abs. 1 S. 1; DBA CHE 1971/1992 Art. 15a Abs. 2 S. 2; DBA CHE 1971/1992 Art. 15 Abs. 4 S. 1; DBA CHE 1971/1992 Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; DBA CHE 1971/1992 Art. 14 Abs. 1; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides vom 18. Mai 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2004 wird die Einkommensteuer für 2001 auf 80.801 DM festgesetzt; im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 74 v.H., der Beklagte zu 26 v.H. zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die für die Veranlagungszeiträume 1998-2001 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der … geborene Kläger gibt in den beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingereichten Einkommen-steuererklärungen als ausgeübten Beruf „Direktor” an (a.a.O. jeweils Zeile 4 des Mantelbogens). Im „Annual Report 1999” wird der Kläger mit „DIRECTOR OF THE INSTITUTE” bezeichnet (S. 23, a.a.O., Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 15. August 2007).
Der Kläger schloss am 12. Dezember 1980 rückwirkend zum 1. Oktober 1980 eine Vereinbarung ab, nach der er die Leitung des Institutes für Immunologie als vollamtlicher Direktor übernimmt (Hinweis auf das Schreiben vom 12. Dezember 1980, das vom Präsidenten des Verwaltungsrates der X AG [im folgenden: X-AG], C, unterschrieben wurde). Der Kläger schied mit Ablauf des Monats X … mit Erreichen der Altersgrenze aus dem aktiven Beschäftigungsverhältnis aus (Hinweis auf den Lohnausweis für 2001 [Bl. 193 der Einkommensteuerakten –ESt-Akten]).
Das Institut für Immunologie S (aus dessen Reihen drei Nobelpreisträger hervorgegangen sind) wurde 1968 mit Sitz in S in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet (Hinweis auf die Statuten vom 21. Oktober 1980 bzw. vom 19. Dezember 1990 –im folgenden: I-AG–). Zweck der Gesellschaft ist die Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Immunologie und verwandten Gebieten sowie die Forschung auf diesem und auf anderen Gebieten. Die Organe der Gesellschaft, die seit Ende des Streitjahres 2001 als Y Ltd for...