Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Zuordnung von Bauleistungen zum Unternehmensvermögen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zuordnung von Bauleistungen zum Unternehmensvermögen kann nur „sofort” in dem Besteuerungszeitraum erfolgen, in dem der Vorsteuerabzugsanspruch entstanden ist.
2. Der Grundsatz der Sofortentscheidung gilt selbst dann, wenn eine Steuerfestsetzung noch nicht erfolgt oder noch abänderbar ist.
Normenkette
UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zuordnung eines Neubaus zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen und in Verbindung damit der Umfang des Vorsteuerabzuges aus den entstandenen Bauaufwendungen.
Die Klägerin, die bisher nicht unternehmerisch tätig war, ist Alleineigentümerin des Grundstücks, X, … weg, auf dem sie im Jahr 2000 ein Einfamilienhaus mit Büroräumen im Hanggeschoss errichtete. Der Bauantrag war bei der Gemeinde X am 21. Mai 1999 eingegangen. Mit den Baumaßnahmen wurde im Juni 2000 begonnen. Die Wohnräume im Erdgeschoss und Dachgeschoss wurden am 14.11.2000 bezogen, mehrere Räume im Untergeschoss mit einer Gesamtfläche von 49,704 qm = 19,40 v.H. der Gesamtfläche am 01.07.2001 an das Architekturbüro B vermietet.
Im Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung 2000 wie auch mit dem Antrag auf Eigenheimzulage ab 2000, die beide im April 2002 beim Finanzamt eingingen, führte die Klägerin aus, sie nutze die Wohnräume in dem Gebäude (200 m²) seit 01. November 2000 gemeinsam mit ihrer Familie zu eigenen Wohnzwecken. Die Büroräume (60 m² = 23,1 %) würden ab 01. Juli 2001 an das Architekturbüro B ihres Ehemannes zur Nutzung durch diesen vermietet.
Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 2000 wurden lediglich die – anteilig auf die Büroräume entfallenden – Schuldzinsen als Werbungskosten geltend gemacht. Anteilige Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes oder Absetzung für Abnutzung wurden dagegen nicht geltend gemacht. Ebenso wenig wurde eine Umsatzsteuererklärung für 2000 eingereicht.
Die antragsgemäß festgesetzte Einkommensteuer für 2000 sowie die Eigenheimzulage 2000 sind bestandskräftig geworden.
In der Einkommensteuererklärung für 2001 (eingegangen am 04. Februar 2003) erklärte die Klägerin für sechs Monate Mieteinnahmen aus der Vermietung der Büroräume und einer Garage zuzüglich 16 % Umsatzsteuer und Betriebskostenvorauszahlungen. Als Werbungskosten machte sie – anteilige – Schuldzinsen, Absetzung für Abnutzung aus den Brutto-Herstellungskosten des Gebäudes sowie Betriebskosten geltend. Gleichzeitig gab die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung für 2001 ab, in der sie Mieteinnahmen für die Büroräume und eine Garage als steuerpflichtige und die Betriebskosten-Vorauszahlungen als steuerfreie Umsätze behandelte. Außerdem machte sie Vorsteuern aus den angefallenen Betriebskosten geltend.
Die Einkommensteuer 2001 wurde antragsgemäß bestandskräftig festgesetzt. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2001 erging aufgrund der Erklärung der Klägerin am 07. April 2003 eine Abrechnung, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) gleichsteht (§ 18 Umsatzsteuergesetz – UStG –).
In der am 23. März 2004 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2002 erklärte die Klägerin wiederum Mieteinnahmen für die Büroräume und eine Garage zuzügl. 16 % Umsatzsteuer und Betriebskostenvorauszahlungen. Davon zog sie – anteilige (gegenüber den Vorjahren auf 20 % korrigierte) – Schuldzinsen und Absetzung für Abnutzung aus den Bruttoherstellungskosten des Gebäudes sowie Betriebskosten ab. Die Einkommensteuerfestsetzung 2002 für die Klägerin und ihren Ehemann vom 26. April 2004 auf 0 EUR ist bestandskräftig geworden.
Am 08. April 2004 reichte die Klägerin (unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes – EuGH – vom 08. Mai 2003, Rs. C -269/00 – Wolfgang Seeling, EuGHE 2003 I-4101 = Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2003, 288 und das im Anschluss hieran ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Juli 2003 V R 39/99) für die Jahre 2000 und 2002 erstmalige sowie für das Jahr 2001 eine geänderte Umsatzsteuererklärung ein. Dabei beantragte sie neben den Vorsteuern aus laufenden Kosten, die gesamten Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes, und zwar für
2000 |
86.384,38 DM |
2001 |
6.392,47 DM |
2002 |
1.979,35 EUR |
zum Abzug zuzulassen. Darüber hinaus erklärte sie neben den Vermietungsumsätzen für 2001 und 2002 wegen der Nutzung von 80 % der Räume zu eigenen Wohnzwecken Umsätze aus sonstigen Leistungen gemäß § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG in Höhe von 2 v.H. der jeweiligen – anteiligen – Netto-Herstellungskosten des Gebäudes.
Im Rahmen einer daraufhin anberaumten und durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung und der aufgrund einer Eingabe des Vertreters der Klägerin gefertigten Stellungnahme der Oberfinan...