rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz hinsichtlich der Genehmigung der Ist-Besteuerung nur im Wege der einstweiligen Anordnung, nicht aber durch AdV des Umsatzsteuerbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass bei Ablehnung eines Antrags auf Genehmigung der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 UStG ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides, soweit bei diesem die Versteuerung nach vereinbarten Entgelten zugrunde gelegt worden ist und nach Auffassung des Steuerpflichtigen zu einer zu hohen Steuerfestsetzung geführt hat, nicht zulässig ist; im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann das Begehren auf Gestattung der Ist-Versteuerung zulässig nur im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter den Voraussetzungen des § 114 FGO verfolgt werden (Anschluss an FG Berlin v. 18.8.1999, 7 B 7190/99; FG Berlin-Brandenburg v. 3.9.2012, 2 V 2230/12).
2. Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist nicht nur antragsgebunden, sondern darüber hinaus auch genehmigungsbedürftig. Eine Berechtigung zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist daher erst gegeben, wenn das FA positiv über den Antrag entschieden hat. Die Gestattung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten und die hierauf beruhende Umsatzsteuerfestsetzung erfolgen in verschiedenen Verwaltungsverfahren, wobei die Entscheidung über die Gestattung der Ist-Versteuerung als Grundlagenbescheid für die Umsatzsteuerfestsetzung anzusehen ist.
3. Die Ablehnung der Genehmigung nach § 20 UStG ist in der Hauptsache mit der Verpflichtungsklage anzugreifen; eine Anfechtungsklage mit dem Ziel der Beseitigung des Ablehnungsbescheides allein würde dem Rechtsschutzziel des Steuerpflichtigen, die Genehmigung der Ist-Versteuerung zu erstreiten, nicht entsprechen. Einstweiliger Rechtsschutz ist aber in dem Fall, dass in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage statthaft ist, regelmäßig durch einstweilige Anordnung und nicht durch Aussetzung der Vollziehung zu erlangen.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 114 Abs. 1 Sätze 1-2; AO § 171 Abs. 10; UStG § 20 Abs. 1
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Die Vollziehung des Umsatzsteuersteuerbescheides 2010 vom 12.09.2014 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung über den Einspruch vom 29.09.2014 i. H. v. 3.254,13 EUR ausgesetzt.
Die Vollziehung des Umsatzsteuersteuerbescheides 2011 vom 11.09.2014 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung über den Einspruch vom 29.09.2014 i. H. v. 108.579,21 EUR ausgesetzt.
Die Aussetzung der Umsatzsteuer 2011 wird in Höhe eines Teilbetrages von 8.302,25 EUR davon abhängig gemacht, dass der Antragsteller in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Im Übrigen wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückgewiesen.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen, soweit es den Hilfsantrag (Antrag auf Aussetzung der Vollziehung i.S. des § 69 Abs. 3 FGO) betrifft.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 15% dem Antragsteller und zu 85% dem Antragsgegner auferlegt.
Tatbestand
I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen über Rechtsberatungsleistungen in den Streitjahren 2010 und 2011 und die Frage, ob der Antragsteller bestimmte Ausgangsumsätze, die er in 2011 erbracht hat, für die er aber in diesem Jahr das Entgelt nicht vereinnahmt hat, in 2011 versteuern muss.
Der Antragsteller war in den Streitjahren als Rechtsanwalt einzelunternehmerisch tätig. Von der Abgabe von Voranmeldungen war der Antragsteller in den Streitjahren befreit.
In seiner Umsatzsteuererklärung 2010 vom 08.08.2011 erklärte er Lieferungen und sonstige Leistungen zu 19% i. H. v. 3.520,00 EUR und Vorsteuern aus Rechnungen anderer Unternehmer i. H. v. 4.173,41 EUR und errechnete eine Steuer i. H. v. -3.504,61 EUR. Der Antragsgegner stimmte der Steuererklärung zu.
In der am 25.10.2012 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2011 erklärte er Lieferungen und Leistungen zu 19% i. H. v. 5.389,00 EUR und Vorsteuern i. H. v. 5.029,64 EUR und errechnete eine Steuer i. H. v. -4.005,59 EUR. Dieser Steuererklärung stimmte der Antragsgegner nicht zu.
Mit Schreiben vom 04.11.2013 wies der Antragsgegner den Antragsteller darauf hin, dass ihm drei Rechnungen des Antragstellers aus dem Jahr 2011 vorlägen, aus denen sich ein erheblich höherer Umsatz als erklärt ergebe. Es handele sich um eine Rechnung vom 07.01.2011 an die B. GmbH über 350.000,00 EUR zzgl. gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer i. H. v. 66.500,00 EUR (Hinweisakte Bl. 31), eine Rechnung vom 02.04.2011 an die C. GmbH über 108.000,00 EUR zzgl. gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer i. H. v. 20.520,00 EUR (Hinweisakte Bl. 35) und eine Rechnung vom 04.05.2011 an die B. GmbH über 204.000,00 EUR zzgl. gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer i. H. v. 38.760,00 EUR (Hinweisakte Bl. 32). Einen Antrag auf Ist-Besteuerung nach § 20 Umsatzsteuergesetz