rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Leistungsorts nach § 3a Abs. 2 UStG bei Leistungen für Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist zweifelhaft, ob bei Leistungen an Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts nach § 3a Abs. 2 UStG zwingend die Verwendung einer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Leistungsempfänger voraussetzt.

2. Liegt der Ort der an einen ausländischen Leistungsempfänger erbrachten sonstigen Leistung nach Auffassung des leistenden Unternehmers gem. § 3a Abs. 2 UStG im Ausland, so ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass es für die Anwendung des § 3a Abs. 2 UStG zur Überzeugung des Gerichts feststehen muss, dass es sich beim Leistungsempfänger um ein i. S. d. Art. 44 MwStSystRL in einem anderen Staat ansässiges Unternehmen handelt. Dabei kommt es nach Art. 10 MwStVO darauf an, wo der Leistungsempfänger (im Streitfall: Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts) die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vornimmt, wo die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des Unternehmens getroffen werden, wo der Ort seines satzungsmäßigen Sitzes und der Ort, an dem die Unternehmensleitung zusammenkommt, ist, nicht jedoch, wie die Postanschrift lautet (vgl. FG Bremen, Urteil v. 5.1.2016, 2 K 62/13 (2); Niedersächsisches FG; Urteil v. 4.5.2017, 11 K 10219/15).

3. Es spricht gegen die Ansässigkeit von Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts im Ausland, wenn z. B. nur statuarische Sitze im Ausland bestehen und die Anteilseigner und gesetzlichen Vertreter der Gesellschaften nach Aktenlage in Deutschland ansässig sind oder wenn nur Aktivitäten im Inland entfaltet werden.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; UStG 2017 § 3a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; UStG 2017 § 3a Ab S. 2; MwStSystRL Art. 44; MwStVO Art. 10

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob Umsätze, die die Antragstellerin gegenüber Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts bewirkt hat, im Inland steuerbar sind.

Der Gegenstand der Antragstellerin war in den Streitzeiträumen: Internetmarketing, Internetdienstleistungen, Beteiligung an anderen Unternehmen, Handel und Vermittlung von Waren und Dienstleistungen (mit Ausnahme erlaubnispflichtiger) und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Sie versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten.

Am 19.07.2016 unterbreitete die Antragstellerin einer Frau B. unter … .com ein Angebot für ein sog. SEO Komplettpaket, das u.a. eine „Keyword Recherche für die Suchmaschine Google.de zur Ermittlung der für Ihre Website am besten geeigneten Keywords zur SEO Optimierung” umfasste. Die Abkürzung SEO stand für „Search Engine Optimization” (s. Stichwort Suchmaschinenoptimierung unter de.wikipedia.org, abgerufen am 17.12.2018). Das Nettoentgelt sollte 1.397,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer betragen.

Am 30.09.2016 unterbreitete die Antragstellerin einer C. S.L. in D./Spanien ein gleiches Angebot, wobei auch insoweit in der Anrede Frau B. angesprochen, die Steuernummer. erwähnt und von der Steuerpflicht des Leistungsempfängers ausgegangen wurde, so dass das Nettoentgelt dem Bruttoentgelt entsprach. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Angebote (Bl. 14 ff. Gerichtsakte –GA–) Bezug genommen. Für diese Gesellschaft liegt ein Dokument der E. über die „Numero de Identificación Fiscal Definitivo .” vor (Bl. 18 GA). Eine gleichlautende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer war im I. Quartal 2017 ungültig (Bl. 16 ff. Umsatzsteuerakte –UA–).

Am 16.01.2017 erteilte die Antragstellerin der C. S.L. unter Bezugnahme auf das Angebot vom 30.09.2016 eine Rechnung über (nach Abzug einer Anzahlung in Höhe von 279,40 EUR) 1.117,60 EUR, die die C. S.L. am 02.02.2017 durch Überweisung von einem spanischen Konto beglich (Bl. 34 f. UA).

Mitte 2017 betrieb die C. S.L. eine deutschsprachige Website unter der URL … .com, in deren Impressum keine Anschrift und als einzige Kontaktmöglichkeit die Email-Adresse … .com angegeben war, ferner die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer … (ohne vorangestellte Nationalitätenkennung; Bl. 19 f. GA).

Unter dem 23.06.2017 erteilte die Antragstellerin sowohl der F. Limited unter einer Anschrift in G./Vereinigtes Königreich als auch einer H. Limited unter einer Anschrift in I./Vereinigtes Königreich Rechnungen über ein „4B-Onlinemarketing-System 25 Wochen Coaching Programm” für 12.000,00 EUR ohne Mehrwertsteuer (Bl. 37, 51 UA). In diesem Zusammenhang vereinnahmte die Antragstellerin 12.000,00 EUR in bar, die sie am 27.06.2017 auf ihr Konto einzahlte (Bl. 50, 79 UA).

Für die F. Limited war vom 07.12.2016 bis 03.11.2017 eine Zweigniederlassung in J. im Handelsregister eingetragen. Ihr director war der in J. wohnhafte K. (Bl. 47 f. UA).

Allein- oder Mehrheitsanteilseignerin der H. Limited war die in Deutschland ansässige deutsche Staatsangehörige L. (Bl...

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