rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen der freien Mitarbeiter des Besucherdienstes beim Deutschen Bundestag nicht umsatzsteuerbefreit. BFH gewährt Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass Leistungen, die ein freier Mitarbeiter des Besucherdienstes beim Deutschen Bundestag auf Honorarbasis als Dozent gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erbringt, indem er in Vorträgen und Führungen im Bereich der Liegenschaften des Deutschen Bundestages dessen Gäste über die deutsche Parlamentsgeschichte, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise der deutschen Volksvertretung sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse informiert, nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL steuerfrei, sondern als unternehmerische Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig sind.
2. Dieser Beschluss des FG Berlin-Brandenburg wurde vom BFH durch Beschluss v. 7.1.2015, V B 102/14 aufgehoben; der BFH hat ernstliche Zweifel bejaht und Aussetzung der Vollziehung gewährt.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, j; RL (EG) 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, j; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller erstrebt die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2003 bis 2010, um Honorare für seine Leistungen im Besucherdienst des Deutschen Bundestages als nicht steuerbar oder jedenfalls umsatzsteuerfrei aus der Bemessungsgrundlage seiner steuerpflichtigen Umsätze heraushalten zu können.
Der Antragsteller übte in den Streitjahren 2003 und 2010 eine gewerbliche Tätigkeit als selbständiger Immobilienmakler aus. Nebenher erbrachte er als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis Dozentenleistungen für den Besucherdienst beim Deutschen Bundestag. Laut der vom Deutschen Bundestag unter dem 23. April 2009 herausgebrachten Tätigkeitsbeschreibung für die im Bereich seines Besucherführungsdienstes herangezogenen Honorarkräfte (Blatt [Bl.] 31, 32 der Streitakte [StA.]) gehörte es zu seinen Aufgaben, in Vorträgen und Führungen im Bereich der Liegenschaften des Deutschen Bundestages dessen Gäste insbesondere über die deutsche Parlamentsgeschichte, über Funktion, Struktur und Arbeitsweise der deutschen Volksvertretung sowie über die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zu informieren. Zu den wesentlichen Zielgruppen dieser Veranstaltungen zählen Schüler, die im Rahmen mit öffentlichen Geldern bezuschusster Bildungsfahrten den Deutschen Bundestag besuchen. Des Weiteren richtet sich das Besucherangebot an Ausbildungsgänge der Bundeswehr, Lehrer und andere Ausbilder sowie an sonstige Multiplikatoren im Bereich der politischen Bildung. Vornehmlich gegenüber Schülern der 12. und 13. Jahrgangsstufe beziehen sich die Veranstaltungen auch auf zum Teil auf mehrere Tage angelegte Planspiele, die den Gesetzgebungsprozess im Deutschen Bundestag simulieren und den Teilnehmern neben inhaltlichen und prozeduralen Kenntnissen ein besseres Verständnis von den Möglichkeiten und Grenzen politischer Gestaltung im parlamentarischen System vermitteln sollen. Die vorhergehende enge Abstimmung zwischen den die Schüler begleitenden Fachlehrern und den für den Besucherdienst des Deutschen Bundestages eingesetzten Honorarkräften zielt dabei auf eine Einbindung des Informationsstoffs in die jeweiligen Lehrpläne. Ähnlichen Zwecken dienen auch die von den Honorarkräften des Besucherdienstes des Deutschen Bundestages abgehaltenen Parlamentsseminare, in denen Schüler vornehmlich höherer Klassenstufen, Auszubildende von Landes- und Bundesbehörden oder etwa Polizei- und Offiziersanwärter politische Fragestellungen mit entsprechenden Fachpolitikern aller Fraktionen erörtern können.
Mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2010 beruhte die bezeichnete Besucherdiensttätigkeit auf einem Rahmenvertrag über freie Tätigkeiten vom 5. Juli 2010 (fortan: Vertrag; Bl. 24 ff. StA.). Ohne erkennbare qualitative Änderung des Inhalts der Leistungen des Besucherdienstes sind die Honorarkräfte hiernach verpflichtet, alle notwendigen Arbeiten vor Ort eigenverantwortlich abzuwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Vertrag); die Beauftragung von Unterauftragnehmern ist den Honorarkräften verwehrt (§ 1 Abs. 2 Satz 4 Vertrag). Sie erhalten für ihre Tätigkeiten schriftliche Einzelaufträge (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Vertrag), die sie nach eigenem Belieben übernehmen oder auch ablehnen können (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Vertrag); sie haben lediglich unverzüglich eine entsprechende Erklärung abzugeben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Vertrag). Der Besucherdienst blieb berechtigt, übernommene Aufträge bis zur Mitte des Vortages ihres vorgesehenen Einsatzes unter Fortfall des Vergütungsanspruchs zu stornieren (§ 2 Abs. 1 Satz 4 Vertrag). Die Honorarkräfte haben ihre Verhinderung aus wichti...