Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Gewerbeertragskürzung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft bei Verkauf des einzigen Grundstücks. Liquidationsbeschluss und anschließender Ausübung von Tätigkeiten ausschließlich im Zusammenhang mit der Liquidation
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei unterjähriger Veräußerung des einzigen Grundstücks einer grundstücksverwaltenden gewerblich geprägten Personengesellschaft kann für den gesamten Erhebungszeitraum die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch genommen werden, wenn für die Gesellschaft bereits am Tage des Grundstücksverkaufs die Auflösung beschlossen wird, die in Liquidation befindliche Gesellschaft nach Übergang von Nutzen und Lasten überhaupt keiner relevanten Geschäftstätigkeit mehr nachgeht, sie sich auf die nötigen Liquidierungsmaßnahmen (u. a. Abwicklung bzw. Überleitung der Mietverhältnisse, Einziehung von Mietzahlungen für Monate nach Nutzen- und Lastenwechsel) beschränkt und nicht mehr werbend tätig ist, insbesondere auch kein Kapitalvermögen mehr aktiv verwaltet. Insoweit ist es unschädlich, wenn die Klägerin als gewerblich geprägte Personengesellschaft auch noch über den Erhebungszeitraum hinaus als gewerbliche Mitunternehmerschaft anzusehen ist.
2. Die erlaubten, aber nicht begünstigten Tätigkeiten des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG sind einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur solche Tätigkeiten relevant sind, die nach einkommensteuerlichen Wertungen zu steuerbaren Einkünften führen würden. Das Innehaben unverzinslicher Forderungen und deren Einziehung kann nicht als Verwaltung eigenen Kapitalvermögens verstanden werden, da insoweit eine Erzielung von Erträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1
Nachgehend
Tenor
Der geänderte Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2007 vom 08. März 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2012 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Klägerin trägt die Kosten zu 10 %, und der Beklagte trägt die Kosten zu 90 %.
Tatbestand
Streitig ist die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz – GewStG – des Jahres 2007.
Die Klägerin wurde am 29. November 2005 gegründet. Komplementärin war die nicht am Vermögen beteiligte B. GmbH. Alleinige Kommanditistin war die C. GmbH. Zur Geschäftsführung der Klägerin war nur die Komplementärin berechtigt, weshalb die Klägerin als gewerblich geprägte Mitunternehmerschaft qualifizierte. Unternehmensgegenstand der Klägerin war die Vermietung des mit einem Bürogebäude bebauten Grundstücks D.-straße in E., welches sie zum 31. Dezember 2006 mit 3.078.113 EUR als Anlagevermögen in ihrer Bilanz auswies. Zum 31. Dezember 2006 wies die Klägerin Forderungen aus drei Girokonten bei der F. Bank und bei der G. Bank in ihrer Bilanz aus.
Am 19. Februar 2007 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin deren Auflösung; sie wurde am 27. August 2013 aus dem Handelsregister gelöscht.
Ebenfalls am 19. Februar 2007 veräußerte die Klägerin das bebaute Grundstück zum Kaufpreis in Höhe von 4.600.000,00 EUR mit Nutzen- und Lastenwechsel zum 01. Mai 2007 an einen fremden Dritten. Weiterer Grundbesitz verblieb nicht im Vermögen der Klägerin. Der Kaufpreis wurde nach Abzug der Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der F. Bank (per 31. Dezember 2006: 2.735.509,85 EUR) am 10. Mai 2007 in Höhe von 1.857.800,00 EUR auf das Girokonto der Klägerin ausbezahlt und am Folgetag (11. Mai 2007) auf ein Konto der Kommanditistin überwiesen (1.860.000,00 EUR).
Die Klägerin erzielte im Streitjahr aus einer Festgeldanlage bei der G. Bank Zinserträge bis zum 15. März 2007 in Höhe von 1.501,96 EUR.
Nach dem 01. Mai 2007 leitete die Klägerin die Mietverhältnisse auf die Käuferin über. Bei ihr eingehende Mieteinnahmen und ausgehende Betriebskostenzahlungen verbuchte sie auf einem Verrechnungskonto für die Käuferin. Per 31. Dezember 2007 erstellte die Hausverwaltung der Käuferin letzte Betriebskostenabrechnungen, wodurch es zu einer Restforderung der Klägerin gegenüber einzelnen Mietern kam. Im Jahr 2008 verbuchte die Klägerin einzelne Abrechnungsdifferenzen als Umsatz (Konto …8100 in Höhe von 6.372,76 EUR).
Die Klägerin verfügte zum 31. Dezember 2007 über ein Bankguthaben bei der F. Bank in Höhe von 72.648,33 EUR.
Die Klägerin erfasste die Auszahlung des Restkaufpreises an die Kommanditistin (1.860.000,00 EUR) buchhalterisch auf dem Buchungskonto „Sonstige Vermögensgegenstände” (…1500) als „Darlehen C.”. Den Saldo des Buchungskontos, gemindert durch Verbuchungen von Verrechnungskonten aus dem Verkauf, verbuchte die Klägerin in Höhe von 1.361.504,98 EUR auf dem Buchungskonto „Gesellschafter-Darlehen” (…921), welches in der Bilanz zum 31. Dezember 2007 unter den Verbindlichkeiten im Soll ausgewiesen wurde. Korrespondierend wies die Klägerin zum...