Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss einer mit der Rückzahlung von zuvor bezogenem Krankentagegeld verbundenen, rückwirkend bewilligten Erwerbsminderungsrente aus einem privaten Versicherungsvertrag erst zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Rentenempfängers
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird im laufenden Jahr im Rahmen eines privaten Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrags rückwirkend auf einen Zeitpunkt im Vorjahr die Berufsunfähigkeit der Steuerpflichtigen anerkannt und deswegen eine Nachzahlung der Berufsunfähigkeitsversicherung für das Vorjahr geleistet, so ist diese Nachzahlung der Steuerpflichtigen im laufenden Jahr i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG „zugeflossen” und muss im laufenden Jahr versteuert werden. Insoweit ist unerheblich, dass die Steuerpflichtige im Vorjahr zuerst von einer privaten Krankenversicherung Krankentagegeld erhalten hatte und dieses Krankentagegeld im laufenden Jahr infolge der rückwirkenden Rentenbewilligung der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung wieder an die Krankenversicherung zurückzahlen muss.
2. Die Rechtsprechung des BFH (Urteile v. 9.12.2015, X R 30/14 sowie v. 15.5.2018, X R 18/16), wonach bei rückwirkender Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente durch einen gesetzlichen Sozialversicherungsträger nach vorherigem Bezug erstattungspflichtigen Krankengeldes (oder von Leistungen nach dem SGB II) durch einen Sozialversicherungsträger der Rentenanspruch des Berechtigten insoweit gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gilt und die Erwerbsminderungsrente bereits im Zeitpunkt des Zuflusses des Krankengeldes (bzw. der Leistungen nach dem SGB II) im Umfang der Erfüllungsfiktion mit ihrem Besteuerungsanteil der Einkommensteuer unterliegt, kann mangels Vergleichbarkeit nicht auf Leistungen aus privaten Versicherungsverträgen übertragen werden.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 Sätze 1, 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb, § 11 Abs. 1 S. 1; SGB X § 103 Abs. 1-2, § 107 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, in welchem Jahr die das Jahr 2013 betreffenden und im Jahr 2014 an die Klägerin ausgezahlten Einnahmen aus einer Erwerbsminderungsrente in Höhe von 21.283,00 EUR zu erfassen sind.
Die Klägerin erkrankte an einer anhaltenden chronischen Erkrankung. Dafür erhielt sie von der B. Krankenversicherung, mit der sie einen entsprechenden privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen hatte, Krankentagegeld. Aufgrund eines Attestes vom 12.09.2013 stellte sich heraus, dass die Klägerin berufsunfähig war. Sie erhielt jedoch zunächst aufgrund einer versicherungsrechtlichen Grundlage von der B. Krankenversicherung weiterhin Krankentagegeld für eine Übergangszeit bis zum 12.12.2013. Dies erfolgte vorbehaltlich eventueller Berufsunfähigkeitsleistungen durch die C. Versicherung, bei der die Klägerin einen privaten Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag abgeschlossen hatte. Im Jahr 2014 erkannte die C. Versicherung die Berufsunfähigkeit der Klägerin rückwirkend zum 01.02.2013 an. Wegen bestimmter versicherungsrechtlicher Begebenheiten (Karenzzeit und Beginn der Leistung nach sechs Monaten) bewilligte sie der Klägerin ab dem 01.08.2013 eine Berufsunfähigkeitsrente. Die für 2013 nachzuzahlenden Rentenleistungen zahlte sie an die Klägerin im Jahr 2014 aus. Die Nachzahlung für 2013 ist in der Mitteilung der C. Versicherung als Nachzahlung für mehrere Jahre in Höhe von 21.283,91 EUR ausgewiesen. Wegen dieser Zahlung forderte die B. Krankenversicherung das für die Zeit vom 01.08.2013 bis 12.12.2013 zu viel gezahlte Krankengeld in Höhe von 21.245,48 EUR zurück. Der Klägerin verblieb danach ein geringfügiger Betrag pro Tag von dem zunächst gezahlten Krankentagegeld. Die Klägerin zahlte den von ihr geforderten Rückzahlungsbetrag im April 2014.
In der Einkommensteuererklärung 2013 erklärte die Klägerin keine Einnahmen aus der privaten Krankentagegeldversicherung. Der Beklagte berücksichtigte in der Folgezeit auch keine Einnahmen aus der Krankentagegeldversicherung als Einkünfte oder zur Berechnung eines Progressionsvorbehalts.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 erklärte die Klägerin Einkünfte aus inländischen privaten Rentenversicherungen in Höhe von 51.765,00 EUR. Dies entsprach dem ihr für 2014 im Jahr 2014 gezahlten Betrag. Die Nachzahlung für 2013 in Höhe von 21.283,91 EUR setzte die Klägerin nicht an. Der Beklagte folgte dem im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 29.01.2016 nicht und setzte zusätzlich zu den Rentenzahlungen für 2014 bei den sonstigen Einkünften den der Klägerin für 2013 im Jahr 2014 zugeflossenen Nachzahlungsbetrag zur Rente mit 21.283,00 EUR als Nachzahlung für mehrere Jahre an. Die Rückzahlung des Krankentagegeldes mit 21.245,48 EUR berücksichtigte der Beklagte weder in 2014 noch in 2013.
Gegen den Bescheid vom 29.01.2016 legte die Klägerin Einspruch ein und begehrte, den Rentennachzahlungsbetrag von 21.283,00 EUR im Jahr 2013 zu besteuern. Sie beantragte ausdrü...