rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung der Ergebnisse des schriftlichen Teils der Steuerberaterprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein hohe Prüfungsanforderungen der Steuerberaterprüfung, die sich im Einzelfall auch in besonders hohen Durchfallquoten niederschlagen können, sind für sich genommen nicht geeignet, eine angegriffene Prüfungsentscheidung mit Erfolg als rechtswidrig zu beanstanden.
2. Die gerichtliche Anregung zur pauschalen Herabsetzung des Prüfungsmaßstabs der überdurchschnittlich schwierigen Steuerberaterprüfung im Jahr 2003 konnte von den Prüfungsausschüssen zulässigerweise durch eine Modifikation in Form einer Herabsetzung der maximalen Punktzahl umgesetzt werden; die Prüfungsausschüsse waren nicht gezwungen, pauschal jede Klausurbewertung um eine halbe Notenstufe anzuheben.
3. Die umfassende gerichtliche Kontrolle der Steuerberaterprüfung beschränkt sich auf die fachlichen Fragen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich sind. Hierunter fallen sowohl Fragen, die fachwissenschaftlich geklärt sind, als auch solche, die in der Fachwissenschaft kontrovers behandelt werden.
4. Die Prüfer haben bei der Benotung aber nicht nur die fachliche Richtigkeit der Antwort zu bewerten, sondern auch Einschätzungen und Erfahrungen zu berücksichtigen, die sich insbesondere aus ihren bisherigen Prüfungen sowie aus dem Vergleich des betreffenden Kandidaten mit seinen Mitbewerbern ergeben. Prüfungsnoten stehen daher in einem Bezugssystem, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer mit beeinflusst wird.
5. Der Prüfer kann so beispielsweise die Leistungen des Kandidaten gegenüber den Fähigkeiten der anderen Kandidaten einordnen oder aber einschätzen, welchen Schwierigkeitsgrad die Aufgabenstellung aufweist und wie sie von der Gesamtheit der Kandidaten verstanden wurde. Die Prüfer dürfen auch in der Steuerberaterprüfung Klarheit und Systematik der Darstellung sowie der Vollständigkeit und Prägnanz der Begründung richtiger Lösungen wesentliches Gewicht beimessen. Ihre diesbezügliche Beurteilung liegt maßgeblich nicht auf fachwissenschaftlichem Gebiet und kann von dem Finanzgericht nur dann beanstandet werden, wenn sie offensichtlich nicht vertretbar ist.
Normenkette
StBerG § 37; DVStB §§ 15-16, 24-25, 29; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
An der Steuerberaterprüfung 2002 (Erstprüfung) nahm die Klägerin ohne Erfolg teil, denn der Prüfungsausschuss bewertete sämtliche Aufsichtsarbeiten mit der Note 5,0 „mangelhaft”). Auf ihren (erstmaligen) Wiederholungsantrag nahm die Klägerin sodann an der Steuerberaterprüfung 2003 teil. Durch Bescheid vom 19. Dezember 2003 teilte die seinerzeit zuständige Oberfinanzdirektion … der Klägerin mit, der zuständige Prüfungsausschuss habe ihre Aufsichtsarbeiten gemäß § 15 der Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB) mit den Noten 5,0 (erste Aufsichtsarbeit: Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete), 5,5 (zweite Aufsichtsarbeit: Ertragsteuern) sowie 4,5 (dritte Aufsichtsarbeit: Buchführung und Bilanzwesen) bewertet. Nachdem die durchschnittliche Gesamtnote für die schriftliche Prüfung (5,0) die Zahl 4,5 übersteige, sei die Klägerin gemäß § 25 Abs. 2 und 3 DVStB von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und die Steuerberaterprüfung 2003 nicht bestanden.
Insgesamt hatten in … 374 Kandidaten an der betreffenden schriftlichen Prüfung teilgenommen. Hiervon hatten 281 die schriftliche Prüfung nicht bestanden. Die Durchfallquoten in … und den anderen Bundesländern schwanken beträchtlich. Im Durchschnitt der Jahre 1974 bis 2003 erreichte die Quote in … einen Wert von 49,17 vom Hundert (v. H.) und in einzelnen Ländern bis zu 89,2 v.H..
Nach Klageerhebung hat der Beklagte das Überdenkungsverfahren durchgeführt. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht (FG) Berlin durch Beschluss vom 10. Februar 2004 das Ruhen des Klageverfahrens bis zum Abschluss dieses verwaltungsinternen Kontrollverfahrens angeordnet. Im Zuge des Überdenkungsverfahrens erhöhten die Prüfer die Punkte für die von der Klägerin gefertigten Aufsichtsarbeiten. Hiernach ergaben sich für die erste Aufsichtsarbeit nunmehr 38,5 Punkte (zuvor: 36,5), für die zweite Aufsichtsarbeit 21,5 Punkte (zuvor: 19,5) sowie für die dritte Aufsichtsarbeit insgesamt 46,0 Punkte (zuvor: 44,5). An den ursprünglichen Noten für die jeweilige Aufsichtsarbeit änderte diese zusätzliche Punktevergabe allerdings nichts.
Im Mai 2005 hat der seinerzeitige Vorsitzende des 4. Senats des FG Berlin gegenüber dem Beklagten die Empfehlung ausgesprochen, generell die Bewertungspunkte hinsichtlich derjenigen Prüflinge für die ertragsteuerliche Klausur anzuheben, deren Klagen noch anhängig seien. Daraufhin haben die Prüfungsausschüsse des Landes …wegen des besonderen Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung bei der zweiten Aufsichtsarbeit (Ertragsteuern) beschlossen, den Prüfungsmaßstab dahingehend zu ändern, dass sie d...