Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht der vom Auswärtigen Amt an eine OSZE-Hilfskraft im Kosovo gezahlten Aufwandsentschädigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat eine Steuerpflichtige in den Jahren 2001, 2003 und 2004 als „Administrative & Budget Officer” an der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Kosovo teilgenommen und sich jährlich länger als jeweils 183 Tage im Kosovo aufgehalten, aber ihren Wohnsitz im Inland beibehalten, so führt der von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Auswärtige Amt, für die Teilnahme an der OSZE-Mission gezahlte Aufwendungsersatz zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn er mangels entsprechender „Festsetzung” und mangels Zahlung aus einem als „Aufwandsentschädigung” bezeichneten Titel nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei ist und eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG deswegen ausscheidet, weil die Zahlungen des Auswärtigen Amtes für Verdienstausfall und Zeitverlust der Steuerpflichtigen geleistet wurden und ihr auf diese Weise ein Anreiz gegeben werden sollte, an der OSZE-Mission teilzunehmen.
2. Das Besteuerungsrecht für diesen Arbeitslohn steht nach Art. 16 Abs. 3 „Kassenstaatsprinzip”) des mit Jugoslawien geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-Jugoslawien) der Bundesrepublik Deutschland zu. Die Anwendung von Art. 16 Abs. 3 DBA-Jugoslawien wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass kein Dienstverhältnis zwischen dem zahlenden Staat (hier: Deutschland) und der Zahlungsempfängerin bestand und die Klägerin nicht unmittelbar im Dienste der Bundesrepublik, sondern für die OSZE tätig war.
Normenkette
DBA-Jugoslawien Art. 16 Abs. 1-3; EStG § 3 Nr. 12 Sätze 1-2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1; LStDV § 1 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin war ab dem 23. Mai 2001 im Rahmen einer Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als Administrative & Budget Officer im Landesteil Kosovo der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt Serbien und Montenegro) tätig. Sie hielt sich in den Streitjahren länger als 183 Tage pro Jahr im Kosovo auf. Ihre Wohnung in Berlin, in der der Kläger weiterhin wohnte und von wo aus er seine Arbeitsstätte regelmäßig aufsuchte, behielt sie bei. Die Klägerin schloss mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Auswärtige Amt, am 14. Mai 2001 eine Zuwendungsvereinbarung ab. Von der OSZE erhielt die Klägerin, wie sich aus § 2 Abs. 1 der Zuweindungsvereinbarung ergibt, ein Tagegeld für die Kosten von Unterkunft und Verpflegung in Höhe von US-$ 95 pro Tag. Zudem trug die OSZE die Fahrtkosten der Klägerin von Wien in das Missionsgebiet und zurück jeweils zu Beginn und am Ende des Einsatzes (§ 2 Abs. 2 der Vereinbarung). Ergänzend sagte die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin vorbehaltlich des Bereitstehens ausreichender Haushaltsmittel als pauschalierten Aufwendungsersatz Zahlungen in Höhe von monatlich DM 6 000 (2001) zu. Nach § 3 Abs. 1 Satz 6 der Vereinbarung sollte die Klägerin für die ordnungsgemäße Versteuerung des Aufwandsersatzes selbst verantwortlich sein. Ein Arbeits- oder Dienstverhältnis zwischen den Beteiligten der Vereinbarung sollte nicht zustandekommen, wie in § 3 Abs. 6 der Vereinbarung ausdrücklich klargestellt wird.
Auf der Grundlage dieser Vereinbarung erhielt die Klägerin im Jahr 2001 DM 36 000, im Jahr 2003 EUR 30 700 und im Jahr 2004 EUR 36 840. Die Zahlungen wurden im Jahr 2001 aus dem Haushaltstitel 2302 687 12 und im Jahr 2003 aus dem Titel 0502 687 29 des Bundeshaushaltsplanes geleistet. Der entsprechende Haushaltstitel für Zuwendungszahlungen an Sekundierte, die für die OSZE in Ländern außerhalb Südosteuropas tätig sind (Kaukasus, Zentralasien), enthält den Vermerk: „Aus den Ausgaben können Personalausgaben für zeitlich befristete Einsätze geleistet werden”. Dieser Vermerk wurde laut einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 22. Mai 2006 auf die Titel 2302 687 12 und 0502 687 29 entsprechend angewandt.
Der Beklagte behandelte die Zahlungen des Auswärtigen Amtes an die Klägerin als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Kläger sind der Auffassung, dass hinsichtlich der Zahlungen des Auswärtigen Amtes § 3 Nr. 12 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingreife mit der Folge, dass diese Bezüge steuerfrei belassen werden müssten. Jedenfalls aber stehe der Bundesrepublik Deutschland kein Besteuerungsrecht hinsichtlich der Zahlungen des Auswärtigen Amtes an die Klägerin zu. Es gelte das Tätigkeitsortprinzip, nach dem für einen inländischen Arbeitnehmer, der für einen privaten Arbeitgeber in einem Land, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, tätig wird, das Besteuerungsrecht bei dem Tätigkeitsstaat liege. Nicht anwendbar sei hingegen das sogena...