rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umsatzsteuerbefreiung und kein ermäßigter Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG in den Jahren 2004 bis 2009 für selbstständigen Theaterregisseur. ermäßigter Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG für selbstständigen Theaterregisseur

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein selbstständiger Theaterregisseur kann nicht als gleichartige Einrichtung i. S. d. § 4 Nr. 20 Buchst. a) S. 2 UStG in der in den Jahren 2004 bis 2009 gültigen Fassung angesehen werden, da er nicht wie ein Schauspieler in irgendeiner Weise auf einer Bühne vor einem Publikum ein Stück zur Aufführung bringt. Die Beurteilung, ob der Unternehmer eine Einrichtung betreibt, die einer Einrichtung i. S. d. § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG a. F. gleichartig ist, obliegt den Finanzbehörden und Finanzgerichten (Anschluss an BFH, Urteil v. 4.5.2011, XI R 44/08). Die mit Wirkung zum 1.7.2013 in § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG Satz 3 neu eingefügte ausdrückliche Steuerbefreiung für bestimmte Umsätze von Bühnenregisseuren wirkt nicht zurück.

2. Ein Anspruch auf Steuerbefreiung ergibt sich für Bühnenregisseure in den Jahren 2004 bis 2009 weder daraus, dass Leistungen von Orchesterdirigenten in Verwaltungsanweisungen (z. B. Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Erlass vom 13.6.2005, S7238-2-VA4) als unter bestimmten Bedingungen steuerfrei anerkannt wurden, noch aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. n) MwStSystRL bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n) der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG. Durch den Ausschluss von Bühnenregisseuren aus dem Anwendungsbereich der Steuerbefreiung liegt auch kein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz vor (Anschluss an BFH, Urteil v. 4.5.2011, XI R 44/08).

3. Ein Mitgliedstaat muss nicht jede kulturelle Einrichtung i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreien.

4. Für die Frage, ob die Leistungen eines selbstständigen Theaterregisseurs nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, kommt es darauf an, von welchen urheberrechtlichen Ansprüchen die Beteiligten in den Regieverträgen ausgegangen sind. Sind die Beteiligten vom Entstehen eines Werks i. S. d. § 2 UrhG oder einer Bearbeitung i. S. d. § 3 UrhG ausgegangen, handelt es sich um einheitliche Leistungen, bei denen sich der Regisseur zur Erstellung der Inszenierung, zur Übertragung von Nutzungsrechten daran und zur Erfüllung weiterer Pflichten (insbesondere Anwesenheitspflichten und Terminvorgaben) verpflichtet hat und die dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Nr. 7 Buchst. c UStG unterliegen. Im Übrigen (z. B. Vereinbarung als Mitwirkender nach §§ 73 ff. UrhG) kommt der Regelsteuersatz zur Anwendung.

 

Normenkette

UStG 2003 § 4 Nr. 20 Buchst. a Sätze 1-2, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, c; AmtshilfeRLUmsG Art. 31 Abs. 4; RL 777388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n; RL 777388/EWG Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3; RL 777388/EWG Anhang H Kategorie 8; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. n, Art. 98 Abs. 2; MwStSystRL Anhang 3 Nr. 9; UrhG §§ 2-3, 19, 73; UStG 2013 § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 3

 

Tenor

Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2004 vom 04.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.08.2014 wird die Umsatzsteuer 2004 um 2.478,95 EUR niedriger festgesetzt.

Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2005 vom 04.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.08.2014 wird die Umsatzsteuer 2005 um 3.868,70 EUR niedriger festgesetzt.

Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2006 vom 04.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.08.2014 wird die Umsatzsteuer 2006 um 116,72 EUR niedriger festgesetzt.

Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 vom 04.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.08.2014 wird die Umsatzsteuer 2007 um 4.904,08 EUR niedriger festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 77 % der Klägerin und zu 23 % dem Beklagten auferlegt.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen der Klägerin als Theaterregisseurin in den Streitjahren 2004 bis 2009.

Die Klägerin ist als Theaterregisseurin und Kostümbildnerin selbständig tätig. Ihre Gewinne ermittelt sie nach § 4 Abs. 3 EinkommensteuergesetzEStG –, ihre Umsätze versteuert sie gem. § 20 UmsatzsteuergesetzUStG – nach vereinnahmten Entgelten (vgl. Genehmigung des Beklagten vom 25.09.2001, Bd. I Bl. 2 der Umsatzsteuerakte – USt –).

Zu ihrer Umsatzsteuererklärung für 2003 reichte die Klägerin am 18.11.2004 ein Schreiben der Senatsverwaltung B… vom 15.11.2004 (Bd. I Bl. 43 USt) ein, in dem der Klägerin örtlich unbegrenzt be...

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