Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit: Feststellungslast der Finanzbehörde für die Zugehörigkeit eines Kfz zur Insolvenzmasse bei aus insolvenzrechtlicher Sicht vom Insolvenzverwalter bereits vorgenommenen verhältnismäßigen Ermittlungsmaßnahmen
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Beurteilung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit kommt es nicht auf die Haltereigenschaft oder auf eine tatsächliche Verwendungsmöglichkeit der Kfz und damit auf deren Nutzung für die Insolvenzmasse an (Anschluss an BFH-Rechtsprechung). Die alleinige Existenz eines Kfz nach der Insolvenzeröffnung und die Haltereigenschaft des Insolvenzschuldners bedeuten also nicht automatisch, dass das Kfz auch zur Insolvenzmasse gehört.
2. Konnte der Insolvenzverwalter einer GmbH weder sonstiges Vermögen noch die streitigen Kfz in Besitz und Verwaltung nehmen, haben seine Ermittlungen im Rahmen der Massesicherung ergeben, dass die ehemaligen Geschäftsführer der GmbH kein Vermögen der GmbH eingeräumt bzw. dieses verheimlicht haben (u. a. Fehlen jedweder Geschäftsunterlagen, fast vollständig verweigerte Mitwirkung der ehemaligen Geschäftsführung) und würden sämtliche weitere Ermittlungen einen höheren Aufwand zu Lasten der Masse bedeuten als ein Ermittlungserfolg zu Gunsten der Masse zu erwarten wäre, so ergeben sich weitere verpflichtende Ermittlungsmaßnahmen für den Insolvenzverwalter weder aus dem Insolvenzrecht noch als Mitwirkungspflicht aus dem Steuerrecht. Die Finanzbehörde muss dann als Voraussetzung für die Behandlung der Kfz-Steuer als Masseschuld nachweisen, dass die strittigen Kfz nicht nur von der Insolvenzschuldnerin gehalten wurden, sondern auch tatsächlich zur Masse gehörten.
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1, § 12 Nr. 3; InsO § 35 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1; FZV § 14; AO § 34 Abs. 1, 3
Nachgehend
Tenor
Die Bescheide über Kraftfahrzeugsteuer vom 12.03.2019 für die Kraftfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen …, … sowie …, hinsichtlich des Kfz … zuletzt geändert durch Bescheid vom 26.04.2019 und sämtliche in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2019 werden aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B… GmbH. Diese wurde als C… GmbH im Jahr 2008 gegründet. Seit dem 28. Dezember 2011 firmierte die Gesellschaft als B… und erhielt einen neuen Unternehmensgegenstand. Neben dem Groß- und Einzelhandel … sowie Dienstleistungen aller Art im …..bereich verfolgte sie nun auch u.a. den Vertrieb von Waren, die zur Herstellung von Getränken erforderlich sind sowie den Aufbau eines Franchise Systems. Eingetragene Geschäftsführer waren seit dem 14. Februar 2012 Herr D… sowie Herr E… unter der Anschrift F…-straße in G…. Die Geschäftsführerstellung des Herrn E… wurde am 20. Oktober 2016 gelöscht. Die des Herrn D… am 16. Januar 2017. Zugleich wurde Herr H… eingetragener Geschäftsführer. Dieser wurde sodann am 20. März 2018 gelöscht. Ihm folgte zugleich Herr I….
Das für die allgemeine Besteuerung der B… GmbH zuständige Finanzamt J… beantragte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B… GmbH.
Am 17. September 2018 erstattete der Kläger als Insolvenzgutachter dem Insolvenzgericht Bericht, in dem er u.a. ausführte, dass er die Anschriften K…-straße und F…-straße aufgesucht, dort aber niemanden angetroffen habe. Der ehemalige Geschäftsführer D… habe ihm erläutert, dass die überhöhten Steuerforderungen des Finanzamts – die zur Insolvenzantragstellung geführt hätten – nunmehr auf ca. 6.000 EUR reduziert seien (geänderte Umsatzsteuervoranmeldungen). Die B… GmbH sei entgegen des angemeldeten Geschäftszwecks als Dienstleisterin und Generalübernehmerin am Bau tätig. Sie beschäftige neben dem Geschäftsführer einen Arbeitnehmer und erlöse Jahresumsätze von ca. 500 TEUR. Das Geschäft solle auskömmlich sein, die Schuldnerin führe es nachhaltig fort. Sie arbeite nahezu ausschließlich mit Subunternehmen. Nennenswertes Vermögen sei deshalb auch nicht vorhanden. Allerdings würden sich Anfechtungsansprüche aus früheren Erledigungen ergeben. Eine kostendeckende Masse könne vorhanden sein. Über das Vermögen der B… GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts G… am 27. Dezember 2018 (36c IN 3421/18) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Beklagte erließ am 12. März 2019 Bescheide über Kraftfahrzeugsteuer für drei Kraftfahrzeuge –Kfz– ab dem 27. Dezember 2018 für das Kfz … in Höhe von 74 EUR jährlich; für das Kfz … in Höhe von 44 EUR jährlich und für das Kfz … in Höhe von 59 EUR jährlich. Nach den Erläuterungen zu den Bescheiden betraf die Festsetzung die Masse.
Der Kläger legte hiergegen fristgerechte Einsprüche ein. Zur Begründung trug er vor, dass die Eigentumsverhältnisse der Kfz unklar seien und es sich bei den Kfz nicht um Massegegenstände handele.
Am 26. April 2019 änderte der Beklagte die Fests...