Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Vorsteuererstattung und Ablaufhemmung. kein Vorsteuerabzug im Drittland ansässiger Unternehmer ohne Erbringung inländischer Ausgangsumsätze. Bezug von Werbeleistungen durch inländische Repräsentationsbüros. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 27/23)
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein vor Abgabe der Umsatzsteuererklärung gestellter Antrag auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen ist kein zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist führender Antrag im Sinne von § 171 Abs. 3 AO, wenn das Finanzamt durch diesen mangels Angaben zu den Ausgangsumsätzen nicht in die Lage versetzt wird, die für den Veranlagungszeitraum geschuldete Umsatzsteuer zu berechnen.
2. Der Vorsteuerabzug eines außerhalb des Gemeinschaftsgebiets (hier: auf Mauritius) ansässigen Unternehmers, der durch seine inländische Betriebsstätte keine Ausgangsumsätze erbringt, ist selbst dann ausgeschlossen, wenn wegen einer Steuerschuld gemäß § 13b UStG ggf. das allgemeine Besteuerungsverfahren anzuwenden wäre.
3. Werbeanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sind (nur) dann einer Betriebsstätte zuzuordnen, wenn diese in der Lage ist, die Leistungen zu erbringen, für die geworben wird (hier verneint für von einem inländischen Verbindungsbüro eines im Drittland ansässigen Hotelbetreibers in Auftrag gegebene Werbeleistungen).
4. Die Erbringung von Ausgangsumsätzen ist Voraussetzung dafür, dass ein wirtschaftlicher Verbrauch der empfangenen sonstigen Leistungen am Ort der Betriebsstätte stattfindet und nicht an dem Ort, von dem aus das Unternehmen betrieben wird.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4b, § 3a Abs. 2, §§ 13b, 18 Abs. 9; AO § 171 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt
Die Revision wird hinsichtlich des Streitjahres 2011 zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuerabzug hat und ob dieser im Regelbesteuerungsverfahren oder im Vorsteuervergütungsverfahren geltend gemacht werden muss.
Die Klägerin ist eine in Mauritius ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt Hotels und Resorts in Mauritius, La Réunion, den Malediven, China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Vietnam. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf die Website der Klägerin www….com.
In Deutschland unterhielt die Klägerin in den Streitjahren in angemieteten, 56 m² großen Räumlichkeiten in B. ein Verbindungsbüro für die Geschäftsbeziehungen zu deutschen Reiseveranstaltern, in dem durchschnittlich ca. fünf Personen tätig waren. Das Verbindungsbüro wurde von einer Marketingmanagerin geführt, die regelmäßig mit den Kunden Vertragsvereinbarungen aushandelte. Zu den Aufgaben des Verbindungsbüros gehörten insbesondere folgende Leistungen an das Stammhaus der Klägerin:
- • jährliche Vertragsverhandlungen mit Reiseveranstaltern über die Überlassung von Zimmerkontingenten,
- • Kontrolle von Reiseveranstaltungsverträgen sowie der Darstellung der Hotels in den jeweiligen Reisekatalogen,
- • Erstellung und Kontrolle des Jahresbudgets für Sales und Marketing,
- • tägliche Prüfung der Auslastung der Hotels, der generierten Umsätze sowie der gesetzten Verkaufsziele,
- • Betreuung von deutschen Reiseveranstaltern, Reisebüros, Veranstaltungsagenturen, Fluglinien und Tourismuszentralen,
- • Überprüfung der Internetseiten der Reiseveranstalter,
- • Durchführung von Vertriebsaktionen in Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern, Reisebüros, Fluglinien und Flughäfen sowie
- • Teilnahme an Reisemessen, Roadshows, Workshops, Programmvorstellungen und Studienreisen in Deutschland.
Das Verbindungsbüro kann über ein vom Stammhaus festgelegtes Budget verfügen. Die eigentliche Leistungserbringung, nämlich die Überlassung der Hotelzimmer und Resorts gegenüber den Kunden, erfolgte demgegenüber nicht durch das Verbindungsbüro, sondern unmittelbar durch das Stammhaus der Klägerin selbst und stets im Drittlandsgebiet.
Die Klägerin erwarb im Jahr 2006 im Inland für ihr deutsches Verbindungsbüro Büromöbel.
Auch in Frankreich unterhielt die Klägerin ein Büro mit Mitarbeitern, das vergleichbare Marketingaufgaben für den französischsprachigen Raum wahrnahm und sich auf die Erbringung von Innenumsätzen beschränkte. Das Büro wurde in Frankreich im Jahr 2004 als umsatzsteuerliche Betriebsstätte anerkannt und als solche umsatzsteuerlich registriert.
Für das Streitjahr 2011 gab die Klägerin am 12. Februar 2013 zunächst eine Umsatzsteuererklärung ab, die nur Vorsteuerbeträge auswies. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 5. März 2013 eine Umsatzsteuerfestsetzung im Regelbesteuerungsverfahren ab und verwies die Klägerin auf das Vorsteuervergütungsverfahren, da die Klägerin keine Umsätze erbracht habe. Hiergegen legte die Klägerin am 20. März 2013 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 27. November 2014 legte die Klägerin dem Beklagten eine nicht unterschriebene Rechnung über den Verkauf von Büromöbeln an die C. GmbH, D.-straße, E. vor, die einen Stempelaufdruck des Verbindun...