Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren lehnte es der Beklagte ab, Aufwendungen der Klägerin von 193,25 DM für den Erwerb von Pillen zur Schwangerschaftsverhütung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Zur Begründung ist in der Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 1989 ausgeführt, die Verwendung von Pillen zur Schwangerschaftsverhütung diene nicht der Heilung oder vorbeugenden Maßnahmen in bezug auf Krankheiten und geschehe damit nicht zwangsläufig. Sie sei auch nicht außergewöhnlich und erfülle mithin nicht den Tatbestand des § 33 Einkommensteuergesetz – EStG –.
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin anführt, sie entstamme einer Familie, die mit Schizophrenie zweifach getroffen sei. Die Verwendung der Verhütungsmittel habe mithin zu vorbeugenden medizinischen Maßnahmen gehört, um zu verhindern, daß sie diese Krankheit weitervererbe. Aus demselben Grunde habe sie sich später sterilisieren lassen. Die daraus ersichtliche Verantwortung der Allgemeinheit gegenüber müsse zur steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen von 193,25 DM führen.
Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, daß Aufwendungen für Arzneimittel und mithin auch für medikamentöse Verhütungsmittel im Rahmen des § 33 EStG nur abziehbar seien, wenn ihre durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen sei. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht.
Dem Senat haben die den Streitfall betreffenden Einkommensteuerakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gemäß Art. 3 § 5 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit – VGFGEntlG – ohne mündliche Verhandlung, weil der Streitwert unter 500,00 DM liegt und kein Beteiligter ausdrücklich eine mündliche Verhandlung beantragt hat (vgl. dazu Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung – FGO –, 2. Aufl. 1987 Anm. 44 und 45 zu § 90).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn der Beklagte hat die Aufwendungen zur Schwangerschaftsverhütung mit Recht nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.
Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird gemäß § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, von Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG.
Einem Abzug steht im Streitfall wegen der im Streitjahr als außergewöhnliche Belastung berücksichtigten Scheidungskosten von 3.412,00 DM zwar nicht entgegen, daß die zumutbare Belastung (§ 32 Abs. 3 EStG) nicht erreicht ist. Die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen zur Schwangerschaftsverhütung scheitert aber schon daran, daß diese nicht außergewöhnlich sind. Es handelt sich vielmehr um für einen erheblichen Teil der Bevölkerung typische und damit nicht außergewöhnliche Kosten der individuellen Lebensführung. Der Senat ist mit Drenseck (in Schmidt, EStG, 9. Aufl. 1990, Anm. 4 f. zu § 33 mit weiteren Nachweisen) der Ansicht, daß eine Anwendung der gesetzlichen Regelung dann ausscheidet, wenn Sonderaufwendungen nicht nur einer Minderheit der Steuerpflichtigen entstehen. Die Schwangerschaftsverhütung ist aber – abhängig von weltanschaulichen, religiösen und anderen individuellen Gründen – in weiten Kreisen der Bevölkerung im zeugungs- oder gebährfähigen Alter verbreitet und liegt für diese nicht außerhalb der normalen Lebensführung. Die Berücksichtigung der der Klägerin hierfür entstandenen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung scheidet daher grundsätzlich und auch im Streitfall schon aus diesem Grunde aus.
Der Senat kann offenlassen, ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn eine durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit einer Schwangerschaftsverhütung durch ärztliche Verordnung nachgewiesen wird. Denn die Klägerin hat einen derartigen Nachweis trotz gerichtlicher Aufforderung nicht beigebracht. Sie hat insbesondere weder im einzelnen Fälle von Schizophrenie in ihrer Familie dargetan noch Nachweise hierzu erbracht. Die bloße Tatsache, daß Pillen zur Schwangerschaftsverhütung regelmäßig nur aufgrund ärztlicher Verordnung abgegeben werden, reicht deshalb nicht aus, weil derartige ärztliche Verordnungen überwiegend nicht aufgrund einer Krankheit der Patientinnen, sondern aus anderen Gründen ausgestellt...