Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung) auf den 1. Januar 1991 bezüglich des Grundstücks

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.2001; Aktenzeichen II R 14/99)

 

Tenor

Der Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung) auf den 1. Januar 1991 vom 7. Juni 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 1996 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren war erforderlich.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Zurechnung des Grundstücks.

Im Grundbuch eingetragener Vorkriegseigentümer war der am 18. September 1961 für tot erklärte Ingenieur … aus Walk/Estland.

Nach dem Tode seiner am 5. März 1992 verstorbenen Erbin besteht nunmehr die Erbengemeinschaft … deren Eintragung im Grundbuch wohl zwar beantragt, aber noch nicht erfolgt ist.

Das Grundstück lag ab 1954 in der Verfügungsmacht des „Treuhänders für das Vermögen der Alliierten Mächte und ihrer Staatsangehörigen” in Berlin (West), Uhlandstraße Nr. 7 und wurde seit 1952 durch die … die Rechtsvorgängerin der Klägerin, verwaltet.

„Ausweislich der Grundbucheintragung vom 5. Juni. 1962 bestand Verwaltung gemäß der Verordnung des Magistrats von Groß-Berlin über die Verwaltung und den Schutz ausländischen Eigentums in Groß-Berlin vom 18. Dezember 1951 (VOBl I, S. 565).”

Mit notarieller Verhandlung vom 12. November 1992 verkaufte der Rechtsanwalt … als vollmachtloser Vertreter der Erbengemeinschaft das Grundstück mit Lastenwechsel 1. Dezember 1992 vorbehaltlich der Genehmigung durch die Verkäufer (Erbengemeinschaft) an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts –GbR–.

Der Beklagte hielt die Klägerin für die wirtschaftliche Eigentümerin am Stichtag 1. Januar 1991 und erließ ihr gegenüber am 7. Juni 1996 einen Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung) auf den 1. Januar 1991. Mit Verfügung vom 23. Februar 1995 bestellte die Senatsverwaltung für Finanzen die Klägerin gemäß § 11 b Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur. Regelung offener Vermögens fragen (Vermögensgesetz –VermG–) zur gesetzlichen Vertreterin für das Grundstück, woraufhin der Beklagte am 1. Oktober 1997 für „unbekannte Eigentümer vertreten durch die … als gesetzliche Vertreter” eine bestandskräftige Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1993 vornahm und diesen Bescheid der Klägerin bekanntgab.

Nach erfolglosem Vorverfahren trägt die Klägerin in der Klage vor: Sie sei nicht wirtschaftliche Eigentümerin gewesen, da sie den Eigentümer während der gewöhnlichen Nutzungsdauer nicht habe von den Einwirkungen auf das Wirtschaftsgut ausschließen können. Nicht einmal die Übertragung sämtlicher Nutzungen und Lasten habe der Bundesfinanzhof – BFH– (Bundessteuerblatt –BStBl– II 1980, 181) als ausreichend für eine Zurechnung angesehen. In einem sie betreffenden Beschluß vom 30. Juli 1997 III Z R 157/96 (Zeitschrift für offene Vermögensfragen –ZOV– 1998, 29) habe der Bundesgerichtshof –BGH– ausgesprochen, daß der staatliche Verwalter seit der Neuregelung dieses Rechtsinstituts durch das Vermögensgesetz im Verhältnis zum Eigentümer – anders als in den Restitutionsfällen – eine echte Treuhänderstellung innegehabt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung) auf den 1. Januar 1991 vom 7. Juni 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 1996 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen,

und erwidert: Der staatliche Verwalter habe die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück ausgeübt und daher die Stellung des wirtschaftlichen Eigentümers eingenommen, zumal zum Stichtag 1. Januar 1991 nicht erkennbar gewesen sei, daß der Gesetzgeber zu späteren Zeitpunkten Regelungen über die Sicherung vermögensrechtlicher Ansprüche über Vermögenszuordnungen sowie die Beendigung der staatlichen Verwaltung erlassen würde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streit- und Steuerakten verwiesen.

Dem Gericht hat ein Band Einheitswert- und Grundsteuerakten des Beklagten zu Steuernummer … einschließlich zwei Hefter Altakten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Verwaltungsakt vom 7. Juli 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 1996 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO–), denn der Beklagte hat sie zu Unrecht als die wirtschaftliche Eigentümerin angesehen.

Formal ist der Bescheid allerdings rechtmäßig. Der Beklagte hat den Verwaltungsakt, obwohl er lediglich an die … adressiert ist, der Klägerin ordnungsgemäß bekanntgegeben. Der Bescheid ist trotz der unvollstä...

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