Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des Grundstückswerts nach § 148 Abs. 1 BewG für ein Erbbaurecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Wertermittlung eines Erbbaurechts für Zwecke der Erbschaftsteuer ist ein Bodenwertanteil anzusetzen, wenn der Erbbauberechtigte einen geringeren als den ortsüblichen Erbbauzins zahlt.
2. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts für das Erbbaurecht ist nicht zugelassen, wenn der Unterschied zwischen dem nach den Vorschriften des § 148 Abs. 1 BewG festgestellten Grundstückswerts und dem gemeinen Wert des Erbbaurechts lediglich etwa ein Fünftel beträgt.
Normenkette
BewG § 146 Abs. 7, § 148 Abs. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; BewG §§ 9, 145 Abs. 3, § 146 Abs. 6, §§ 147, 148 Abs. 1; ErbStR R 183 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres am 22. Oktober 1996 verstorbenen Bruders E. Zum Nachlass gehört das aufgrund des Erbbau-Heimstättenvertrages vom 25. Oktober 1958 an dem Grundstück F…weg in B. bestellte Erbbaurecht. (Wegen des Inhalts des Vertrages wird auf Blatt 46 ff. der Streitakte Bezug genommen.) Das Grundstück ist 614 qm groß. Vorliegend ist der Grundstückswert dieses Erbbaurechts streitig.
Der Beklagte erließ als Grundlage für die Erbschaftsteuerfestsetzung am 22. Juli 1999 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 22. Oktober 1996. Darin stellte er nach den Vorschriften des § 148 Abs. 1 S. 2 Bewertungsgesetz – BewG – einen Grundstückswert von 182.000 DM fest. Den dabei in Ansatz zu bringenden Wert des Grundstücks berechnete er gemäß § 146 Abs. 6 BewG, wobei er für die ersten 330 m² der Fläche des Grundstücks den maßgeblichen Bodenrichtwert in Höhe von 650 DM/m² und für die restliche Fläche von 284 m² einen Betrag in Höhe von 50 DM/m² berücksichtigte. Dies ergab nach Vornahme eines Abschlags von 20 v. H. einen Mindestwert von 182.960,– DM. Für den nach § 148 Abs. 1 S. 1 BewG ermittelten Wert des belasteten Grundstücks brachte er als Erbbauzins 560 DM (30,10 DM × 18,6) in Abzug, sodass ein festzustellender Grundstückswert von 182.400 DM, abgerundet 182.000 DM verblieb.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass die Festsetzung der Steuer auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 BewG verfassungswidrig sei, da der steuerliche Zugriff auf das vorhandene Vermögen mehr als 50 v. H. betrage. Der Wert des Erbbaurechtes liege im vorliegenden Fall bei ca. 70.000 DM.
Im Rahmen der im Übrigen zurückweisenden Einspruchsentscheidung änderte der Beklagte den Grundstückswert auf 176.000 DM, da der abzuziehende Erbbauzins falsch ermittelt worden sei. Dieser sei in Höhe von 6.718 DM (361,20 DM × 18,6) zu berücksichtigen. Über die behauptete Verfassungswidrigkeit der bestehenden gesetzlichen Regelungen könne er keine Entscheidung treffen; die Vermutung einer Verfassungswidrigkeit dränge sich aber auch bei der Höhe der festgesetzten Erbschaftsteuer, die nach Auskunft der Klägerin 20.020,– DM betrage, im Verhältnis zum von der Klägerin geschätzten Grundstückswert von 70.000 DM nicht auf, da der steuerliche Zugriff unter 50 v. H. des Vermögens betrage.
Im nachfolgenden Klageverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, die Festsetzung der Steuer auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 BewG sei verfassungswidrig. Bei den durchweg mit kleinen Doppelhaushälften bebauten Grundstücken sei als Mindestwert der Bodenwert zu veranschlagen, also 80 v. H. des Bodenrichtwertes. Dieser liege bei den meisten Siedlungen bei 650 DM/m². Bei einer Parzelle in einer Größe von z. B. 850 m² betrage somit der Bodenwert 442.000 DM, bei größeren Parzellen von z. B. 1.200 m² sogar 624.000 DM. Der jährliche Erbbauzins betrage bei den bereits verlängerten Erbbaurechtsverträgen für die ersten 330 m² 4 v. H. von 150 DM/m² und für die Restfläche 1 v. H. von 50 DM/m². Bei einer Parzelle von 850 m² ergebe sich ein jährlicher Erbbauzins von 2.240 DM und bei einer Größe von 1.200 m² ein solcher von 2.415 DM. Bei den Altverträgen betrage der jährliche Erbbauzins sogar nur ca. 350 bis 500 DM. Damit ergebe der 18,6fache Betrag bei verlängerten Verträgen ca. 41.664 DM bis 44.919 DM, bei Altverträgen nur 5.580 DM bis 9.300 DM. Der Bodenrichtwert als Bemessungsgrundlage werde daher bei der Ermittlung gemäß § 148 Abs. 1 BewG kaum reduziert. Auch durch die nunmehrige Berechnungsmethode, bei der für die ersten 330 m² der Bodenrichtwert per 1.1.1996 und für die darüber hinausgehende Fläche ein Betrag von 50 DM/m² zu Grunde gelegt werde, werde das grundgesetzlich geschützte Erbrecht nicht gewährleistet. Die vom Land … als Grundstückseigentümer vorgegebenen vertraglichen Bestimmungen sähen vor, dass der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht nur an sozial minderbemittelte Bevölkerungsschichten veräußern dürfe. Dabei dürfe der Siedler das Erbbaurecht nur zum sog. Wiederbeschaffungswert veräußern, andernfal...