Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Einbeziehung eines Kapitalnutzungsvorteils in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage
Leitsatz (redaktionell)
Der Kapitalnutzungsvorteil, den der Verkäufer eines Grundstückes durch die vorzeitige Kaufpreiszahlung des Erwerbers erlangt, ist in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wobei der erlangte Vorteil nach § 15 Abs. 1 BewG mit 5,5 v. H. des Jahreswertes zu bewerten ist.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 15 Abs. 1; BGB § 320; MaBV § 3 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Kapitalnutzungsvorteil, den die Grundstücksverkäuferin durch die vorzeitige Kaufpreiszahlung der Kläger zum 18. Dezember 1998 erhalten hat, in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
Die Kläger erwarben mit Vertrag vom 18. Dezember 1998 auf der im Gebiet ... liegenden Grundstücksfläche einen Miteigentumsanteil .000 an dem Grundstück im Gebiet ... verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan Nr. 36 bezeichneten Wohnung nebst Abstellraum und einem Tiefgaragenstellplatz .000 Miteigentumsanteil am Grundstück Pokketpark.
Nach § 5 des Kaufvertrages sollte das verkaufte Wohnungseigentum den Klägern unverzüglich nach vollständiger Fertigstellung der Wohnung zum Besitz übergeben werden. In § 6 war vorgesehen, dass der Gesamtkaufpreis als Pauschalfestpreis einschließlich der Bauleistungen ohne Preisnachlass 364.873,00 DM betragen sollte. Als Preisnachlass wegen "Anzahlung" war ein Betrag in Höhe von 10.834,00 DM angesetzt. Der "Anzahlungsbetrag" belief sich demzufolge auf 354.039,00 DM. In § 7 des Kaufvertrages waren nach § 3 Abs. 2 der Makler- und Bauträgerverordnung - MaBV - sieben Zahlungsraten für den Kaufpreis vereinbart, die sich nach den jeweiligen Fertigstellungszeitpunkten für Erdarbeiten, Rohbaufertigstellung etc. richteten. Im § 7 Nr. 8 des Kaufvertrages war vorgesehen, dass bei Nichtleistung des Anzahlungsbetrages bis zum 31. Januar 1999 die Anzahlungsvereinbarung und der Preisnachlass hinfällig würden. Es sei dann der ursprüngliche volle Kaufpreis zu zahlen und es seien die vorstehenden Regelungen zur ratenweisen Kaufpreisbelegung nach der MaBV maßgeblich.
Der Beklagte erließ gegenüber den Klägern am 22. April 1999 gleichlautende Grunderwerbsteuerbescheide, wobei er unter anderem dem den Klägern eingeräumten Kapitalnutzungsvorteil mit 24.989,25 DM bewertete und in die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung einbezog. Dementsprechend wurde gegenüber den Klägern die Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 7.390,00 DM festgesetzt. Zur Begründung führte der Beklagte in der Anlage zu den Grunderwerbsteuerbescheiden unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Oktober 1994 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, S. 69), dass die Vorauszahlung der Kläger hier jedenfalls als Kapitalnutzungsvorteil des Verkäufers anzusehen sei und deshalb auch als Gegenleistung im Sinne von § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG - in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden müsse. Auch eine - gegebenenfalls ratenweise - Vorauszahlung gemäß den Bestimmungen der MaBV sei bereits eine vom bürgerlich rechtlichen Fall abweichende Vorausleistung. Diese Verordnung enthalte lediglich vereinheitlichte Regelungen zur Vorausleistung, die wahlweise - aufgrund der Vertragsfreiheit - angewendet oder abbedungen werden könnten. Der Veräußerer gewähre die Sachleistung mit Lastenwechsel. Sämtliche Zahlungen vor Lastenwechsel seien daher Vorausleistungen. Der Jahreswert der Nutzung sei gemäß § 15 Abs. 1 Bewertungsgesetz - BewG - regelmäßig mit 5,5 % anzunehmen. Bei der hier vorgenommenen Berechnung ging der Beklagte von dem vorausgezahlten Kaufpreis in Höhe von 354.039,00 DM aus, setzte 5,5 % als Jahreswert der Nutzung an und berücksichtigte 462 Tage als Zeitraum der Vorausleistung, sodass sich der Betrag in Höhe von 24.989,25 DM ergab.
Den hiergegen fristgerecht erhobenen zusammengefassten Einspruch begründeten die Prozessbevollmächtigten der Kläger damit, dass der hier zu entscheidende Sachverhalt ganz wesentlich von dem Fall abweiche, über den der BFH mit Urteil vom 12. Oktober 1994 befunden habe. Hier handele es sich nämlich darum, dass der Fall nach den Regelungen der MaBV zu behandeln sei und damit nicht die §§ 320, 322 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - einschlägig seien. Gleichwohl sei es aber im vorliegenden Fall auch gegenüber der MaBV zu Vorleistungen gekommen. Nach dem Emissionsprospekt habe der jeweilige Wohnungsinteressent wählen können, ob er den Kaufvertrag nach der MaBV hätte zahlen wollen, oder ob er in 1998 den gesamten Bauträgerkaufpreis gegen die Gestellung einer Bankbürgschaft hätte vorauszahlen wollen. Für diesen Anzahlungsfall habe der Bauträger einen Preisnachlass in Aussicht gestellt. Aus dem vorliegenden Bauträgerkaufvertrag in § 6 Punkt 1 seien die Beträge explizit zu entnehme...