rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer aufgrund der Auflösung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG wegen der mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgten Veräußerung des Schiffs einer insolventen Schiffsgesellschaft als Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat eine ihren Gewinn nach § 5a EStG (Tonnagebesteuerung) ermittelnde Schiffs-KG nach Stellung eines Insolvenzantrags und Bestellung eines (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalters mit dessen Zustimmung ihr Schiff verkauft und ist deswegen der Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG, der bei Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Tonnagebesteuerung gebildet worden war, gewinnerhöhend aufgelöst worden, so ist die dadurch verursachte Gewerbesteuer nach § 55 Abs. 4 InsO nicht als Insolvenzforderung, sondern als Masseforderung zu behandeln. Der Gewerbesteuermessbetrags-Bescheid ist dem späteren Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat bekannt zu geben.
2. § 55 Abs. 4 InsO erfasst nicht nur Umsatzsteuerschulden, sondern auch Gewerbesteuerschulden.
3. Der Gewinn, der sich aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG aufgrund der Veräußerung des Schiffes ergibt, unterliegt der Gewerbesteuer.
4. Für das Merkmal der „Begründung” i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO ist auf die insolvenzrechtliche Begründung abzustellen, nicht dagegen auf die steuerrechtliche Entstehung der Forderung und deren Fälligkeit. Der nicht näher umschriebene Begriff „Zustimmung” ist als tatsächliches Einverständnis mit der Handlung des Schuldners zu verstehen und weit auszulegen. Er umfasst jede Art von aktiver oder konkludenter Billigung. Nur für den Fall, dass der vorläufige Insolvenzverwalter einer Handlung des Insolvenzschuldners widersprochen hat, werden keine Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO begründet.
Normenkette
EStG § 5a Abs. 4 Sätze 1-2, 3 Nr. 2, Abs. 5 S. 1, § 5 Abs. 1, § 4; GewStG § 7 S. 3; InsO § 55 Abs. 4, §§ 38, 80 Abs. 1, § 21
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Gewerbesteuerverbindlichkeit der … – nachfolgend abgekürzt: KG –, die ihre Grundlage in der Auflösung des Unterschiedsbetrags gemäß § 5a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat, als Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 4 der Insolvenzordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (InsO) anzusehen ist oder lediglich als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden kann.
Der Kläger klagt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der KG. Die KG wurde im Jahr 1995 gegründet. Das Kommanditkapital i.H.v. … EUR verteilt sich auf eine Vielzahl von Kommanditisten. Persönlich haftende Gesellschafterin der KG ist die …, über deren Vermögen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Gegenstand des Unternehmens der KG ist nach ihrem Gesellschaftsvertrag der Bau oder Erwerb, der Betrieb und die Veräußerung von Seeschiffen, insbesondere der MS ….
Mit dem im Januar 1999 in Dienst gestellten Containerschiff MS … – nachfolgend abgekürzt: Schiff – betrieb die KG bis zu dessen Veräußerung Handelsschifffahrt im internationalen Verkehr. Sie unterlag als Gewerbebetrieb den Regelungen des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
Im Jahr 2003 wechselte die KG von der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG zur Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr gemäß § 5a EStG, der sog. Tonnagegewinnermittlung bzw. Tonnagebesteuerung.
Der Unterschiedsbetrag i.S. des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG wurde gemäß § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG zum 31. Dezember 2012 gesondert und einheitlich festgestellt. Er betrug nach Änderung durch eine Außenprüfung … EUR (Bescheidvom 30. März 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2002. Die Fortschreibung des Unterschiedsbetrags führte zum 31. Dezember 2012 zu einem Gesamtbetrag von … EUR.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Bremen –Insolvenzgericht– vom 2. Mai 2014 (Geschäfts-Nr.: …) in dem Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der KG wurde gemäß § 21 Abs. 2 Ziff. 1 InsO die vorläufige Verwaltung des Vermögens der KG angeordnet.
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt … bestellt. Weiterhin wurde gemäß § 21 Abs. 2 Ziff. 2 InsO im Beschluss angeordnet, dass Verfügungen der KG nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
Mit am 13. Juni 2014 geschlossenen Vertrag (Memorandum of Agreement) verkaufte die KG das Schiff mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Die Übergabe an den Erwerber erfolgte ausweislich des Übergabeprotokolls (Protocol of Delivery and Acceptance) am 2. Juli 2014.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 9. Oktober 2014 (Geschäfts-Nr.: …) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet und Rechtsanwalt … als Insolvenzverwalter bestell...