Entscheidungsstichwort (Thema)
Angehörigen-Darlehensvertrag bei unterbliebener Durchführung der getroffenen Zins- und Tilgungsvereinbarungen und bei Verzicht des Darlehensgebers auf Beitreibungsmaßnahmen und Sicherheiten nicht fremdüblich
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Bruder des Ehemannes der Steuerpflichtigen ist als ihr Schwager ein naher Angehöriger i. S. d. Fremdvergleichsrechtsprechung des BFH.
2. Ein Darlehensvertrag mit einem nahen Angehörigen hält dem Fremdvergleich nicht Stand, wenn u.a. die getroffenen Zins- und Tilgungsvereinbarungen tatsächlich nicht durchgeführt werden (u.a. jahrelang keine Zinszahlungen), gleichwohl keine verbindliche Vereinbarung über eine Nachzahlung der Zinsen und eine Tilgung des Darlehens getroffen worden ist, Sicherheiten fehlen, der Darlehensgeber nahezu nichts unternimmt, um die jahrelang ausstehenden Zins- und Tilgungsleistungen einzutreiben, und wenn ein Darlehen auch nach Ablauf der Darlehenslaufzeit weder zurückgezahlt noch zurückgefordert wird.
3. Es entspricht nicht der Fremdüblichkeit, Darlehenszinsen nur „nach Maßgabe der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Liquiditätslage” des Darlehensnehmers zu zahlen. Eine nicht ernstlich gewollte Zinsvereinbarung ist insgesamt steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Das gilt auch für Jahre, in denen (Teil-) Zinszahlungen erfolgen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nrn. 1-2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben.
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren aus einem Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte, die durch das Finanzamt … gesondert festgestellt wurden. Gegenstand des Unternehmens war die Verwaltung und Vermietung der Immobilie „…” an die … GmbH. An dieser GmbH war die Klägerin als Gesellschafterin zu 95 % beteiligt. Die Klägerin ermittelte ihre Gewinne aus dem Besitzunternehmen durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG).
Der Ehemann der Klägerin, Herr A…, betrieb in der Immobilie der Klägerin einen Hotelbetrieb und war Geschäftsführer der … GmbH, die in der Immobilie ein Restaurant betrieb.
Am …1999 schloss die Klägerin als Darlehensnehmerin mit dem in der Türkei wohnhaften Bruder ihres Ehemannes, Herrn B… (im Folgenden: B…), als Darlehensgeber einen Vertrag über ein Darlehen in Höhe von 200.800 DM (im Folgenden: Darlehen I).
Der Darlehensvertrag vom ….1999 hat folgenden Inhalt:
„Es werden folgende Bedingungen vereinbart:
Höhe des Darlehns: DM 200.800,–.
Verwendungszweck: Ankauf des Objektes … in …
Konditionen:
Verzinsung – |
Das Darlehn ist ab dem Tag der Auszahlung mit 5,8 % jährlich zu verzinsen. Dieser Zinssatz ist bis zum 31.07.2009 festgeschrieben. |
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Frühestens 6 Wochen, spätestens bis 2 Wochen vor Ablauf der Zinsbindungsfrist kann jede Partei verlangen, daß über die Bedingungen für die Darlehnsgewährung (Zinssatz, Disagio u.ä.) neu verhandelt wird. Werden bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist keine neuen Darlehnsbedingungen vereinbart, so läuft das Darlehn zu veränderlichen Konditionen weiter. |
Tilgung – |
5 % jährlich |
Darlehnsrückzahlung und Zinsfälligkeit – |
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Die Zinsen betragen jährlich DM 11.600,– |
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und die Tilgung beträgt jährlich DM 10.000,– |
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Zinsen und Tilgung werden jedes Jahr im Dezember fällig und auf das Konto des Darlehnsgebers überwiesen. |
Auszahlung – |
Das Darlehn wird zu einem Kurs von 100 % ausgezahlt.” |
Am ….2005 schloss die Klägerin als Darlehensnehmerin mit B… als Darlehensgeber einen weiteren Darlehensvertrag (im Folgenden: Darlehen II).
Der Darlehensvertrag vom ….2005 hat folgenden Inhalt:
„§ 1 Darlehen
Der Darlehensgeber gewährt der Darlehensnehmerin zur Finanzierung von Investitionsmaßnahmen (Wintergarten für Gebäude …) ein z.Zt. unbeziffertes Darlehen.
Auf das Darlehen sind bereits ausgezahlt 80.700,00 EUR lt. beigefügter Aufstellung.
§ 2 Rückzahlung/Zinsen
Das Darlehen ist ab dem Monatsersten, der auf die endgültige Auszahlung folgt, mit jährlich 4,0 % (in Worten vier komma null %) zu verzinsen. Die Zinsen werden kalendertäglich ermittelt.
Das Darlehen hat eine Laufzeit von zehn Jahren gerechnet ab dem Monatsersten, der auf die endgültige Auszahlung folgt.
Vorzeitige Rückzahlungen, auch teilweise, sind jederzeit kostenfrei möglich.
§ 3 Sicherheiten
Persönliche Bürgschaft von Frau C… bis zur Höhe des endgültigen Darlehensbetrages.
§ 4 Sonstige Vereinbarungen
Alle aus einer Refinanzierung dieses Darlehens sich ergebenden Nebenkosten trägt die Darlehensnehmerin.
Frau C… verzichtet auf ihr Vermieterpfandrecht bis zur endgültigen Höhe des Darlehens.”
B… schloss in den Jahren 2004 bis 2008 auch Darlehensverträge mit der … GmbH und mit A… ab.
In der Bilanz auf den 31.12.2010 wies die Klägerin das Darlehen I mit der Bezeichnung „Darlehen B…” mit einem Wert von 101.979,00 Euro als Passivposten aus. Dazu führte sie aus, das Darlehen diene zur Finanzierung des betrieblichen Anteils des Grund und Bodens und des Gebäudes in der … in …. Das Darlehen sei entsprechend dem be...